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Forscher hoffen auf Antisense-Medikamente

Man könnte es als einen Versuch mit molekularen Bremsklötzen bezeichnen, was einige Wissenschaftler planen, um die Vermehrung von Aids-Viren in menschlichen Zellen zu verhindern. Als eine „sehr weit fortgeschrittene Form der Chemotherapie“ bezeichnet Fritz Eckstein vom Göttinger Max-Planck-Institut für Experimentelle Medizin den Versuch, Medikamente zu entwickeln, die Teile der viralen Erbinformation blockieren oder zerschneiden können.

Ebenso wie alle anderen Zellparasiten ist das Aids-Virus nämlich darauf angewiesen, daß seine Erbinformationen abgelesen und von der Maschinerie der Wirtszelle in Aktion gesetzt werden. Mit „Antisense-Medikamenten“, also Arzneien, die bestimmte Gene hemmen können und „Ribozymen“ (Kunstwort aus „Ribonukleinsäure“ und „Enzym“) kann dieser Schritt verhindert werden – zumindest im Reagenzglas.

Auf einem Symposium der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) wurde kürzlich in Frankfurt auch über eine Reihe anderer Einsatzmöglichkeiten für die beiden Molekülklassen berichtet. Durch die gezielte Blockade einzelner Gene erzielten amerikanische Forscher im Tierversuch erste Erfolge.

So konnte bei Ratten eine krankhafte Arterienverengung verhindert werden (Nature, Bd. 359, S. 67, 1992). In einem anderen Experiment, ebenfalls an Ratten, schrumpften bösartige Hirntumoren (Science, Bd. 259, S. 94, 1993). Hermona Soreq von der Hebräischen Universität in Jerusalem gelang es – im Reagenzglas und an Mäusen – mit Antisense-Molekülen die Teilung und Spezialisierung bestimmter Blutzellen zu steuern.

Diese sogenannten Stammzellen, so rechnete die Medizinerin in Frankfurt vor, produzieren im Körper eines Durchschnittsmannes in jeder Sekunde etwa eine Million weiße und über zwei Millionen rote Blutzellen. Bei bestimmten Immunschwächekrankheiten sowie nach Strahlen- oder Chemotherapie aber kann das komplexe System aus dem Tritt geraten, oft mit lebensbedrohlichen Folgen. Antisense-Medikamente, so hofft man, könnten dem entgegenwirken.

In einem klinischen Versuch werden derzeit an der US-Universität Nebraska Thiophosphate überprüft, die zur ersten Generation dieser Stoffklasse zählen. An einer kleinen Anzahl freiwilliger Patienten mit Blutkrebs müssen zunächst unakzeptable Nebenwirkungen der neuen Substanzen ausgeschlossen werden. Erst wenn dies sichergestellt ist, können weitere Versuche unternommen werden.

Obwohl also von einem Wirksamkeitsnachweis beim Menschen noch keine Rede sein kann, geben sich die Wissenschaftler optimistisch und sehen Dutzende von Einsatzgebieten für Ribozyme und Antisense-Medikamente.

Bei einer Fachkonferenz Ende Januar im mexikanischen Cancun waren über 70 Firmen vertreten, welche die hochgelobten Moleküle schon heute in ungezählten Varianten herstellen. Vorrangiges Ziel ist es derzeit, den Abbau der Substanzen in der Zelle zu verzögern, indem einzelne Bausteine chemisch ausgetauscht werden.

Neue Geräte, mit denen die schwierige Herstellung automatisiert werden kann, stehen kurz vor der Markteinführung. „Die Weltjahresproduktion liegt heute immerhin schon im Kilogramm-Bereich“, erklärt Fritz Eckstein. Zugleich fielen die Preise von ursprünglich rund 50.000 Mark pro Gramm auf unter 2000 Mark.

In Deutschland forschen die Pharmafirmen Hoechst und Bayer gemeinsam. Wolf-Dieter Busse, Leiter des Fachbereichs Forschung bei der Bayer AG, gab sich in Frankfurt zwar noch zurückhaltend. Er räumte aber ein, daß man seit mehreren Jahren an einem Aids-Medikament arbeite: „Ich denke, daß wir hier an vorderster Front mitmachen.

Neben der Aids-Therapie könnten die molekularen Hoffnungsträger auch im Pflanzenschutz nützlich sein. Ihre Vielseitigkeit verdanken beide Molekültypen der Tatsache, daß sie auf der untersten Ebene der Zellregulation eingreifen, der Ebene der Gene. Ob Tomate oder Maus, Hefepilz oder Darmbakterium – alle Lebewesen und auch Viren sind darauf angewiesen, daß die in den Genen verschlüsselten Erbinformationen zur rechten Zeit abgelesen werden.

Allerdings sind diese Erbinformationen nicht frei zugänglich. Zuerst müssen die zwei Hälften des Erbmoleküls DNS (Desoxiribonukleinsäure), die sich in einer schier endlosen Doppelspirale gegenseitig umwinden, zumindest streckenweise voneinander getrennt werden. Erst dann liegen jene Bausteine der DNS frei, aus deren Reihenfolge hochspezialisierte „Übersetzermoleküle“ eine Botschaft herauslesen können.

Wie Sand im Getriebe wirkt an dieser Stelle die Antisense-DNS, indem sie die freigelegten Bausteine des Erbmoleküls sofort wieder verdeckt. Die Botschaft bleibt dann ungelesen, das zugehörige Gen wird stillgelegt. Ihren Namen verdankt die Antisense-DNS dem Umstand, daß sie sich zur „echten“ DNS wie ein Spiegelbild verhält.

Ist die Reihenfolge der Bausteine eines Gens bekannt, so läßt sich im Chemielabor ein paßgenaues Gegenstück herstellen. Dies wäre zum Beispiel sinnvoll, wenn ein DNS-Abschnitt, der den Befehl zur Zellteilung enthält, zu oft abgelesen wird und dadurch eine Krebsgeschwulst hervorruft. Nach dem gleichen Prinzip könnten virale Erbinformationen gezielt abgeschaltet werden, selbst wenn sie, wie beim Aids-Erreger HIV, zwischen den Genen der Wirtszelle versteckt sind.

Ein weiterer Angriffspunkt für die Forscher ist der Informationstransfer, der normalerweise zwischen dem Ablesen eines Gens und der Umsetzung dieser Information in Virus- oder Zellbestandteile steht. Die in der DNS verschlüsselten Baupläne zur Herstellung dieser Bestandteile müssen abschnittweise in Form von Boten-Ribonukleinsäure (RNS) aus dem Zellkern heraustransportiert werden, weil die DNS selbst zu groß ist, um die Poren des Zellkerns zu passieren.

Mit Antisense-RNS kann die Boten-RNS genauso geknebelt und zum Schweigen gebracht werden wie DNS mit Hilfe von Antisense-DNS. Georg Sczakiel vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg verfolgt diese Strategie gegen das Aids-Virus. In Zellkulturen konnte der Molekularbiologe die Vermehrung des Erregers für zunächst zwei Monate verhindern. Allerdings ist dieses künstliche System nicht ohne weiteres beim Menschen anwendbar.

Auch wenn alle Viren komplett stillgelegt würden, ließe sich damit bei infizierten Personen bestenfalls das Fortschreiten der tödlichen Krankheit verhindern. Sczakiel gibt sich trotzdem verhalten optimistisch. „Wenn es gelänge, den Aids-Patienten mit einer Knochenmarkstransplantation HIV-resistente Blutzellen zuzuführen, könnte dies auch für infizierte Personen nützlich sein.“

(mein erster Artikel für die „Süddeutsche Zeitung“, erschienen am 25. Februar 1993)

Kampf gegen Heuschrecken und Rüsselkäfer

Ein „Institut für Kartoffelkäferforschung und -bekämpfung“ wird heute in Deutschland nicht mehr gebraucht. Dennoch gab es eine solche Einrichtung bis kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in Darmstadt. Auch heute noch wird in der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft an der Schädlingsbekämpfung gearbeitet, allerdings will man jetzt der afrikanischen Heuschreckenplage zu Leibe rücken.

Besonders schwer wurde Afrika in den Jahren 1985 bis 1988 davon heimgesucht. Damals versuchte man noch, die Insekten mittels synthetischer Chemikalien zu bekämpfen. „Dies gefährdet nicht nur Mensch und Umwelt, sondern macht das Wiederauftreten von Schwärmen wahrscheinlicher, da die natürlichen Feinde wie Vögel oder räuberische Insekten ebenfalls stark dezimiert werden“, meint Dr. Jürg Huber vom Institut für biologischen Pflanzenschutz.

Alternative Methoden der Schädlingsbekämpfung sind daher gefragt und werden auch mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit gefördert. Seit Mai letzten Jahres werden durch die Biologische Bundesanstalt Pathogene aus erkrankten Heuschrecken und aus den Böden der Brutgebiete isoliert.

Dabei stieß man auf den Pilz Metarhizium anisopliae, der von den Forscher als besonders erfolgversprechend bewertet wird. Der Pilz ist ein alter Bekannter, denn der weltweit verbreitete Organismus wurde bereits 1878 von dem russischen Wissenschaftler Elias Metschnikoff beschrieben.

Die Sporen von Metarhizium bleiben an ihren Opfern hängen, zu denen eine Vielzahl verschiedener Insekten gehört. Der Pilz dringt dann in das Insekt ein und breitet dort seine Wachstumsfäden aus. Zurück bleibt ein toter Insektenkörper und eine Vielzahl neugebildeter Sporen, die über längere Zeit im Boden haltbar sind. Im pazifischen Raum wird der Pilz schon länger eingesetzt, um den Indischen Nashornkäfer kurz zu halten.

Auch in Deutschland soll Metarhizium bald zum Einsatz kommen. Diese Marktnische will die Bayer AG jetzt mit dem Produkt „Bio 2010“ besetzen. Hinter diesem Namen verbirgt sich ein Granulat aus Metarhizium, das in großen Mengen hergestellt und über einen ausreichend langen Zeitraum gelagert werden kann. Besonders gegen den Gefurchten Dickmaulrüssler, einen Käfer, der vor allem in Zierpflanzen beträchtliche Schäden verursacht, zeigte der Pilz eine sehr gute Wirkung.

(erschienen in „DIE WELT“ am 21. Juni 1991)

Was wurde daraus? Heuschreckenplagen gibt es immer noch, die aktuelle (2020) soll in Indien die größte seit 27 Jahren sein. Betroffen sind aber auch Pakistan, sowie in Russland die Kaukasus-Regionen Stawropol und Dagestan sowie Gebiete rund um das Altai-Gebirge im Süden Sibiriens. Im Vorjahr waren große Gebiete Ostafrikas mit rund 10 Millionen Menschen von Hunger bedroht. In keiner dieser Regionen konnten die Heuschrecken mit biologischer Schädlingsbekämpfung aufgehalten werden, stets mussten Pestizide eingesetzt werden , um die Schwärme zu kontrollieren.

Viele Hürden für die Biologische Schädlingskontrolle

Die biologische Schädlingskontrolle, häufig gepriesen als umweltfreundliche Alternative zur industriellen Landwirtschaft, wird auf absehbare Zeit nur einen sehr kleinen Anteil am Weltmarkt erreichen. Dies war die ernüchternde Bilanz eines Symposiums der Firma Bayer, das kürzlich in Monheim bei Leverkusen stattfand.

Obwohl bereits Tausende verschiedener Insekten, Fadenwürmer und Mikroorganismen erprobt wurden, wird weltweit nur jede zweihundertste Mark im Bereich des Pflanzenschutzes auf diese Winzlinge verwandt. Die Vereinigten Staaten und Kanada sind auf diesem Gebiet führend, Deutschland dagegen liegt noch deutlich unter dem weltweiten Durchschnitt.

In diesem Marktsegment, das jährlich immer noch beachtliche 170 Millionen Mark ausmacht, hat ein Bakterium mit dem wissenschaftlichen Namen Bacillus thuringiensis den Löwenanteil erobert. Diese Mikroorganismen, die weltweit verbreitet sind, produzieren bis zu 15 verschiedene Eiweiße, welche auf eine Vielzahl von Schädlingen tödlich wirken. Wenn etwa Schmetterlingsraupen oder Kartoffelkäfer sich über Pflanzen hermachen, die zuvor mit den Bazillen versehen wurden, gerät der Schmaus im Handumdrehen zur Henkersmahlzeit.

Grund sind die beim Verspeisen der „verbotenen Früchte“ mitgefressenen Bazillen. Die erwähnten Eiweiße beginnen sich nämlich im Verdauungstrakt der Schadinsekten aufzulösen und zersetzen dabei die Magenwände der unerwünschten Mitesser. Die Entdeckung der Gene, welche die Produktionsanleitungen für die tödlichen Eiweiße tragen, hat der Gentechnik eine große Spielwiese eröffnet, wie Professor Hans-Michael Poehling vom Institut für Pflanzenpathologie und Pflanzenschutz der Universität Göttingen erläuterte.

Dies eröffnete nämlich die Möglichkeit, die Gene auf ausgewählte Kulturpflanzen zu übertragen und diesen damit einen Schutzschild zu verleihen, auch ohne die nützlichen Bazillen zu bemühen. Diese Variante der biologischen Schädlingsbekämpfung, die sich in vielen unabhängigen Versuchen durchaus bewährt hat, ist allerdings in der Bundesrepublik noch nicht zugelassen; die Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen wird derzeit noch sehr kontrovers diskutiert. Der Einsatz der Bazillen selbst wird nach Poehlings Meinung durch gesetzliche Auflagen erschwert, die auf den Schutz des Trinkwassers abzielen.

„Das gibt dem Ganzen den Anschein, als wäre da etwas nicht in Ordnung.“ Andererseits, so gab Dr. F. Kolb vom Geschäftsbereich Pflanzenschutz der Bayer AG zu bedenken, rechtfertige die nahe Verwandtschaft von Bacillus thuringiensis mit dem Krankheitserreger Bacillus cereus durchaus die strengen Auflagen der Behörden. „Die Vermutung, biologische Agentien seien ,von Natur aus‘ unbedenklich für die Umwelt, ist völlig falsch.“

Trotzdem geben Teilerfolge vor allem beim Einsatz tierischer Nützlinge den Anreiz, die Forschung und Entwicklung weiter voranzutreiben. Im Treibhaus hat sich beispielsweise die Räuberische Gallmücke bewährt, um Blattläuse kurz zu halten. Die wesentlich kleineren Gallmücken bedienen sich dabei einer besonders perfiden Technik. Sie stechen ihren Kontrahenten in die Gelenke, lähmen die Blattläuse mit einem Sekret und saugen ihre Opfer an schließlich aus. Auch Fadenwürmer der Gattungen Heterorhabditis und Steinernema haben sich bei der Bekämpfung von bodenlebenden Schadinsekten bewährt.

Wie mühsam die Entwicklung von biologischen Verfahren zur Schädlingsbekämpfung sein kann, machte Professor Kurt Mendgen von der Universität Konstanz klar. Der Phytopathologe berichtete von den vielen Fehlschlägen bei seinen Feldversuchen gegen Gelbrost und Apfelfäule. Während zu Beginn der Vegetationsperiode die Blattoberflächen der Pflanzen noch sauber und glatt sind, finden sich im Laufe der Zeit immer mehr Bakterien, Pilze und Hefen ein. Nur bei einem geringen Anteil dieser Organismen handelt sich allerdings um Krankheitserreger. Da sich am Ende der Saison aber oft zwischen 100000 und einer Million Mikroben pro Quadratzentimeter Blattoberfläche versammelt haben, tobt ein ständiger Kampf um Lebensraum und Nahrung.

Mendgens Strategie ist es nun, die nützlichen Mikroorganismen, welche natürlicherweise auf der Blattoberfläche vorkommen, bei diesem Kampf ums Überleben zu begünstigen. Dazu werden die Nützlinge gezüchtet und in optimierten Gemischen ausgebracht, teilweise auch durch Nährstoffzusätze gefördert. Beim Gelbrost gelang es Mendgens Arbeitsgruppe, einen Pilz zu isolieren, der den Schädling regelrecht überwächst und ihm damit die Nahrungsgrundlage entzieht. Die Enttäuschung folgte auf dem Fuß, als sich herausstellte, daß der isolierte Nützling zwar bei hoher Luftfeuchtigkeit wuchs, nicht aber unter anderen Bedingungen. „In unserer Verzweiflung haben wir fast nur noch bei Regen gearbeitet und schließlich aufgegeben“, erläuterte der Biologe.

Stattdessen nahm man die Apelfäule in Angriff, die von einem weiteren Pilz, Botrytis cinarea, hervorgerufen wird. Über 800 verschiedene Bakterienarten wurden in einen Wachstumswettlauf mit dem Schädling geschickt, doch nur wenige waren erfolgreich. Hauptproblem bei dieser Versuchsreihe war die Tatsache, daß die meisten Nützlinge im Lagerhaus bei vier Grad Celsius dem Schadpilz nicht mehr Paroli bieten konnten.

Nur wenige Bakterienarten aus der Gattung Bacillus konnten diesen Härtetest bestehen. Ob diese sich auch in der Praxis bewähren, soll erstmals im kommenden Herbst in den Lagerhäusern der Produktionsgemeinschaft Bodensee erprobt werden. Die ernüchternde Bilanz des Botanikers nach jahrelangen Versuchen: „Biologische Systeme zur Schädlingsbekämpfung werden nie einen großen Markt haben, weil sie immer sehr genau auf die jeweilige Anwendung zugeschnitten werden müssen.“

In dieselbe Kerbe schlägt Dr. Mike Greaves von der Longs Ashton Research Station im englischen Bristol. Was den Pflanzenschutz durch Pilze und deren Stoffwechselprodukte angehe, so der Experte, hätten gerade in den USA viele Produkte die Erwartungen nicht erfüllt, die durch eine breitangelegte Berichterstattung in den Medien geweckt worden wären. Unter den über hundert Forschungsprojekten, von denen er Kenntnis habe, so Greaves, hätten allenfalls zehn eine reelle Chance, in absehbarer Zukunft auf dem Markt zu erscheinen.

Ein Faktor, der die Entwicklung biologischer Verfahren begünstigte, wird schon in Kürze entfallen: Die Kosten und die Dauer des Zulassungsverfahrens waren bisher verhältnismäßig niedrig, weil man davon ausging, daß natürlich vorkommende Organismen und deren Stoffwechselprodukte weniger Risiken in sich bergen als Substanzen, die in den Labors der chemischen Industrie synthetisiert werden.

Dabei übersah man geflissentlich, daß gerade Pilze dafür bekannt sind, eine Reihe von Giftstoffen zu produzieren, die auch dem menschlichen Organismus gefährlich werden können. Die amerikanische Umweltbehörde EPA ist momentan dabei, ihre Zulassungskriterien zu verschärfen und die Anzahl der Organismen, die nicht genehmigungsbedürfig sind, weiter zu reduzieren.

Ein weiterer Nachteil biologischer Verfahren besteht darin, daß der Umgang mit lebenden Organismen ein tiefes Verständnis des Wirkungsprinzips voraussetzt. „Die Landwirte sind daran gewöhnt, eine Chemikalie in den Tank zu füllen und diese zu verspritzen. Sie müssen lernen, daß die neuen Methoden mit lebenden Organismen arbeiten“, erklärte Greaves.

So sind viele Organismen anfällig für Temperaturschwankungen. Wenn es beim Versand von Insekteneiern beispielsweise zu Verzögerungen kommt, schlüpfen die Tiere unterwegs, die Larven sind unter Umständen verhungert, bevor sie den Verbraucher erreichen. Für den Landwirt kann dies zu einem Ernteausfall führen, der durchaus existenzbedrohend sein kann – ein weiterer Grund dafür, daß die Experimentierfreudigkeit der Verbraucher enge Grenzen hat.

(erschienen in „DIE WELT“ am 21. Juni 1991)