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Antisense-RNS: Blockade mit System

Manchmal zahlt es sich aus, der Herde nicht zu folgen: Als Georg Sczakiel vor sieben Jahren von den ersten Versuchen erfuhr, Gene mit „Gegen-Genen“ zu hemmen, wurden Forschungen auf diesem Gebiet noch als „sehr riskant für den persönlichen Werdegang“ eingestuft.

Heute ist Sczakiel Leiter einer sechsköpfigen Arbeitsgruppe am Zentrum für angewandte Tumorvirologie des DKFZ. Er zählt zur einer schnell wachsenden Schar von Wissenschaftlern, die daran arbeiten, einzelne Erbanlagen mit bisher unerreichter Präzision zu blockieren.

Der gelernte Chemiker macht sich dabei eine wesentliche Eigenschaft des fadenförmigen Erbmoleküls DNS zunutze, welches eigentlich aus zwei „zusammengeklebten“ Hälften besteht: Alle Informationen sind in der Regel nur auf einem Strang verschlüsselt. Dessen spiegelbildliches Gegenstück dient lediglich zur Stabilisierung, verdeckt dabei aber die eigentliche molekulare Botschaft. Erst wenn die anhänglichen Partner durch ein ganzes Arsenal von Biomolekülen für Sekundenbruchteile voneinander gelöst werden, kann die Zelle eine Kopie des molekularen Bauplans erstellen. Diese Boten-RNS dient dann außerhalb des Zellkerns als Vorlage für die Produktion eines Biokatalysators.

Hier aber kann Sczakiel mit seinen „molekularen Bremsklötzen“ einen Riegel vorschieben. Es handelt sich dabei um Antisense-RNS, ein mit gentechnischen Methoden hergestelltes Spiegelbild der Boten-RNS. Beide Moleküle schmiegen sich aneinander und verknäulen dabei zum unlesbaren Doppelstrang, ganz ähnlich dem DNS-„Muttermolekül“. Der Clou der Methode besteht darin, daß es für jedes Gen nur einen RNS-Typ gibt, der sich mit einer maßgeschneiderten Antisense-RNS lahmlegen läßt.

Daß Sczakiel mit dieser Technik ausgerechnet am Krebsforschungszentrum versucht, die Vermehrung des Aids-Virus zu blockieren versucht, mag zunächst verblüffen. DKFZ-Chef Harald zur Hausen läßt den Nachwuchswissenschaftler trotzdem gewähren, denn das Prinzip der Genhemmung durch Antisense-Moleküle ist universell anwendbar. Dank der weltweiten Bemühungen zur Entschlüsselung der menschlichen Erbanlagen sind inzwischen eine ganze Reihe von Genen bekannt, deren Überaktivität das Krebswachstum begünstigt. In den Vereinigten Staaten wurden die ersten Kandidaten bereits ins Visier genommen.

(erschienen in Ausgabe 3/4 1993 des „einblick“, der Zeitschrift des Deutschen Krebsforschungszentrums)

Bremsklötze für Aids-Gene

Georg Sczakiel erinnert sich gerne daran, was die Kollegen noch vor wenigen Jahren von seinen Versuchen hielten, das Aids-Virus mit sogenannten Antisense-Genen zum Schweigen zu bringen: Nichts. „Kaum einer hielt das Konzept für erfolgversprechend“, umschreibt der Leiter einer sechsköpfigen Arbeitsgruppe am Heidelberger Krebsforschungszentrum höflich die damalige Skepsis.

Die Kollegen werden umdenken müssen. Zumindest im Reagenzglas ist es Sczakiel gelungen, menschliche Zellen vor einer Infektion mit dem Immunschwächevirus zu schützen. Durch eine Gen-Blockade hatten die Abwehrzellen die Vermehrung des Aids-Virus hundertprozentig unterdrückt – auch mit den feinsten Nachweismethoden konnten nach zwei Monaten keine Erreger mehr aufgespürt werden. Der Gentransfer, dem die T-Zellen ihre Widerstandskraft verdanken, ist allerdings nicht ohne weiteres auf den Menschen zu übertragen. Zudem glaubt Sczakiel seine Antisense-Gene noch weiter verbessern zu müssen. Vorher sei an klinische Versuche überhaupt nicht zu denken.

Die Idee, ausgewählte Gene zu blockieren, indem man das Ablesen dieser „molekularen Baupläne“ verhindert, ist genau genommen ein alter Hut. In der Natur bedienen sich alle Lebewesen ohne Ausnahme dieser Methode. Denn obwohl jede Zelle alle Erbinformationen enthält, werden die meisten nur sehr selten gebraucht. In der Regel werden wichtige Abschnitte der jeweils nicht genutzten Gene daher von Eiweißmolekülen umhüllt und damit für die Zelle unsichtbar – wie Verkehrsschilder unter einem Kartoffelsack.

Manche Viren und Bakterien jedoch benutzen anstelle der Eiweiße kurze Erbmoleküle, die sich zum jeweiligen Gen verhalten wie ein Bild zu seinem Spiegelbild. Diese Antisense-Gene arbeiten wesentlich genauer als die verhüllenden Eiweiße. Für jedes Gen gibt es nur ein Antisense-Gen. Das setzt sich passgenau darauf und verhindert, daß seine Information abgelesen wird. Kennt man das Gen, so lässt sich das Antisense-Gen biotechnisch herstellen.

Antisense-Gene sollen, so das ferne Ziel, nicht nur gegen Aids, sondern auch gegen Krebs, Arteriosklerose und viele andere Krankheiten eingesetzt werden. Sie sollen bestimmte Gene blockieren, deren Funktion zum Auslöser für die Krankheit wird, beispielsweise das Wachstums-Gen in einer Krebszelle, das ungebremst zu der tödlichen Wucherung führt. Die Theorie ist zwar schön, doch die Praxis macht noch Probleme:

Die künstlichen Antisense-Gene werden im Körper zu schnell abgebaut. Deshalb hängt man ihnen bestimmte chemische Gruppen an, um den Abbau zu verzögern. Auch die Löslichkeit und die Aufnahme durch die Zellen versucht man zu optimieren.

Schon werden die Antisense-Gene kiloweise produziert, ermöglichen neue Automaten eine schnellere und vor allem billigere Herstellung. Erste klinische Versuche sind angelaufen: „Die Branche ist aus dem Kinderstadium heraus“, urteilt Fritz Eckstein vom Göttinger Max-Planck-Institut für Experimentelle Medizin, einer der deutschen Pioniere auf diesem Gebiet.

In Deutschland haben sich Hoechst und Bayer entschlossen, gemeinsam die Entwicklung von „Antisense-Medikamenten“ voranzutreiben, weltweit sind es inzwischen fast hundert Firmen. Wer am Ende die Nase vorn haben wird, ist noch offen. Die „molekularen Bremsklötze“ scheinen jedenfalls eine große Zukunft zu haben.

(erschienen in Bild der Wissenschaft, Juni 1993)

Antisense-Medikamente gegen das Aids-Virus

Ein neues Konzept im Kampf gegen die Immunschwächekrankheit Aids erproben Wissenschaftler am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Mit sogenannten Antisense-Genen will man die Vermehrung des Erregers in menschlichen Zellen verhindern. Wie das funktionieren soll und welche Erfolge man vorzuweisen hat, wollte ich von Dr. Georg Sczakiel wissen, dem Leiter der sechsköpfigen Arbeitsgruppe.

Sczakiel: Das Antisense-Prinzip beruht darauf, daß einzelsträngige Nukleinsäuren, die entscheidend sind für den viralen Replikationszyklus oder für die Expression genetischer Information sozusagen neutralisiert werden durch Doppelstrangbildung mit komplementärer RNA, in unserem Falle eben Antisense-RNA genannt.

Die in Form des Erbmoleküls RNA geschriebenen „molekularen Baupläne“ für das Aids-Virus werden also maskiert und damit unlesbar. Die Wirtszelle kann daher keine neuen Virusbestandteile mehr herstellen, zumindest die Vermehrung des Erregers wird verhindert.

Ein gutes Dutzend dieser Baupläne des Immunschwächevirus sind den Molekularbiologen heute genauestens bekannt. Jedes einzelne dieser RNA-Moleküle kann im Prinzip durch ein paßgenaues Gegenstück – ein Antisense-Molekül – blockiert werden.

Zwei Möglichkeiten gibt es zur Herstellung dieser molekularen Bremsklötze. Variante 1: Die Synthese im Chemielabor, wie sie weltweit von Dutzenden verschiedener Arbeitsgruppen praktiziert wird. Die Jahresproduktion liegt immerhin schon im Kilogramm-Bereich; und neue Geräte, welche die schwierige Synthese erleichtern würden, stehen kurz vor der Markteinführung. Allerdings müssen die Antisense-Moleküle bei diesem Verfahren wie gewöhnliche Arzneimittel auch immer wieder von neuem verabreicht werden.

Variante 2: Man bringt den Zellen bei, ihre Antisense-Moleküle selbst zu produzieren. Bei dieser „biologischen“ Methode müssen allerdings die Erbinformationen zur Herstellung der Antisense-Moleküle – die Antisense-Gene -in die Abwehrzellen eingeschmuggelt und im Zellkern fest eingebaut werden — ein ausgesprochen schwieriges Unterfangen. Dr. Sczakiel erinnert sich:

Sczakiel: Die Anwendung von Antisense-Genen wurde noch vor wenigen Jahren sehr skeptisch betrachtet und kaum einer hielt das Konzept für durchführbar und erfolgreich. Inzwischen haben wir gezeigt, daß man mit Antisense-Genen wenigstens im Reagenzglas Zellen vor HIV-Infektion schützen kann und wir denken daß das Konzept es nun wert ist, auch weiter verfolgt zu werden.

Der Gentransfer in die menschlichen Abwehrzellen gelang zwar selten, aber er gelang. Unter jeweils etwa 10000 Zellen fanden die Forscher die eine heraus, bei der das Manöver geklappt hatte. Die Zellen wurden anschließend vermehrt und bei ..

Sczakiel: .. solchen humanen T-Zell-Kulturen, die stabil Antisense-Genen aufgenommen haben, konnten mehr oder weniger stark ausgeprägte Schutzeffekte vor Ausbreitung des Virus gefunden werden. Bei niedrigen Virusgaben war ein Schutz über mehrere Monate zu beobachten. So haben wir zum Beispiel einer geschützten Kultur zwei Monate nach initialer Infektion humane Zellen zugegeben, die besonders leicht infizierbar sind, die sozusagen das Virus aus einer infizierten Kultur aufsaugen und vermehren können. Selbst unter diesen Bedingungen konnten wir kein infektiöses HIV-Partikel mehr nachweisen.

In Zellkulturen also hat man das Virus zum Schweigen gebracht. Trotz dieser beachtlichen Leistung ist keineswegs sicher, ob das Prinzip der Antisense-Gene auch bei menschlichen Patienten greifen würde, die von dem Immunschwäche-virus HIV befallen sind.

Sczakiel: Nun zunächst müssen wir auf diesen Befunden aufbauen und – ich fürchte in Kleinarbeit – solche Antisense-Gene weiter optimieren. Es ist zu erwarten, daß durchaus noch Spielraum für weitere Steigerungen von Hemmeffekten gegeben sind.

Erst wenn wir der Überzeugung sind, daß wir nun – in Anführungszeichen – optimale Konstrukte erzeugt haben oder nahe daran sind, würden wir diese abgeben, in eine klinische Phase eintreten und dann wohl in Zusammenarbeit mit Klinikern dieses anwenden wollen.

Denkbar wäre es zum Beispiel, Antisense-Gene mittels harmloser Viren in die Abwehrzellen von HIV-Infizierten einzuschmuggeln, eine Form der Gentherapie also. Dagegen arbeiten Wissenschaftler der Firmen Bayer und Hoechst gemeinsam an der Herstellung von Antisense-Molekülen im Chemielabor. Professor Wolf-Dieter Busse, Leiter des Fachbereichs Forschung bei der Bayer AG ließ durchblicken, daß man hier bei der Entwicklung eines Aids-Medikamentes „an vorderster Front“ mitmache.

(gesendet im Deutschlandfunk Anfang April 1993)

Forscher hoffen auf Antisense-Medikamente

Man könnte es als einen Versuch mit molekularen Bremsklötzen bezeichnen, was einige Wissenschaftler planen, um die Vermehrung von Aids-Viren in menschlichen Zellen zu verhindern. Als eine „sehr weit fortgeschrittene Form der Chemotherapie“ bezeichnet Fritz Eckstein vom Göttinger Max-Planck-Institut für Experimentelle Medizin den Versuch, Medikamente zu entwickeln, die Teile der viralen Erbinformation blockieren oder zerschneiden können.

Ebenso wie alle anderen Zellparasiten ist das Aids-Virus nämlich darauf angewiesen, daß seine Erbinformationen abgelesen und von der Maschinerie der Wirtszelle in Aktion gesetzt werden. Mit „Antisense-Medikamenten“, also Arzneien, die bestimmte Gene hemmen können und „Ribozymen“ (Kunstwort aus „Ribonukleinsäure“ und „Enzym“) kann dieser Schritt verhindert werden – zumindest im Reagenzglas.

Auf einem Symposium der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) wurde kürzlich in Frankfurt auch über eine Reihe anderer Einsatzmöglichkeiten für die beiden Molekülklassen berichtet. Durch die gezielte Blockade einzelner Gene erzielten amerikanische Forscher im Tierversuch erste Erfolge.

So konnte bei Ratten eine krankhafte Arterienverengung verhindert werden (Nature, Bd. 359, S. 67, 1992). In einem anderen Experiment, ebenfalls an Ratten, schrumpften bösartige Hirntumoren (Science, Bd. 259, S. 94, 1993). Hermona Soreq von der Hebräischen Universität in Jerusalem gelang es – im Reagenzglas und an Mäusen – mit Antisense-Molekülen die Teilung und Spezialisierung bestimmter Blutzellen zu steuern.

Diese sogenannten Stammzellen, so rechnete die Medizinerin in Frankfurt vor, produzieren im Körper eines Durchschnittsmannes in jeder Sekunde etwa eine Million weiße und über zwei Millionen rote Blutzellen. Bei bestimmten Immunschwächekrankheiten sowie nach Strahlen- oder Chemotherapie aber kann das komplexe System aus dem Tritt geraten, oft mit lebensbedrohlichen Folgen. Antisense-Medikamente, so hofft man, könnten dem entgegenwirken.

In einem klinischen Versuch werden derzeit an der US-Universität Nebraska Thiophosphate überprüft, die zur ersten Generation dieser Stoffklasse zählen. An einer kleinen Anzahl freiwilliger Patienten mit Blutkrebs müssen zunächst unakzeptable Nebenwirkungen der neuen Substanzen ausgeschlossen werden. Erst wenn dies sichergestellt ist, können weitere Versuche unternommen werden.

Obwohl also von einem Wirksamkeitsnachweis beim Menschen noch keine Rede sein kann, geben sich die Wissenschaftler optimistisch und sehen Dutzende von Einsatzgebieten für Ribozyme und Antisense-Medikamente.

Bei einer Fachkonferenz Ende Januar im mexikanischen Cancun waren über 70 Firmen vertreten, welche die hochgelobten Moleküle schon heute in ungezählten Varianten herstellen. Vorrangiges Ziel ist es derzeit, den Abbau der Substanzen in der Zelle zu verzögern, indem einzelne Bausteine chemisch ausgetauscht werden.

Neue Geräte, mit denen die schwierige Herstellung automatisiert werden kann, stehen kurz vor der Markteinführung. „Die Weltjahresproduktion liegt heute immerhin schon im Kilogramm-Bereich“, erklärt Fritz Eckstein. Zugleich fielen die Preise von ursprünglich rund 50.000 Mark pro Gramm auf unter 2000 Mark.

In Deutschland forschen die Pharmafirmen Hoechst und Bayer gemeinsam. Wolf-Dieter Busse, Leiter des Fachbereichs Forschung bei der Bayer AG, gab sich in Frankfurt zwar noch zurückhaltend. Er räumte aber ein, daß man seit mehreren Jahren an einem Aids-Medikament arbeite: „Ich denke, daß wir hier an vorderster Front mitmachen.

Neben der Aids-Therapie könnten die molekularen Hoffnungsträger auch im Pflanzenschutz nützlich sein. Ihre Vielseitigkeit verdanken beide Molekültypen der Tatsache, daß sie auf der untersten Ebene der Zellregulation eingreifen, der Ebene der Gene. Ob Tomate oder Maus, Hefepilz oder Darmbakterium – alle Lebewesen und auch Viren sind darauf angewiesen, daß die in den Genen verschlüsselten Erbinformationen zur rechten Zeit abgelesen werden.

Allerdings sind diese Erbinformationen nicht frei zugänglich. Zuerst müssen die zwei Hälften des Erbmoleküls DNS (Desoxiribonukleinsäure), die sich in einer schier endlosen Doppelspirale gegenseitig umwinden, zumindest streckenweise voneinander getrennt werden. Erst dann liegen jene Bausteine der DNS frei, aus deren Reihenfolge hochspezialisierte „Übersetzermoleküle“ eine Botschaft herauslesen können.

Wie Sand im Getriebe wirkt an dieser Stelle die Antisense-DNS, indem sie die freigelegten Bausteine des Erbmoleküls sofort wieder verdeckt. Die Botschaft bleibt dann ungelesen, das zugehörige Gen wird stillgelegt. Ihren Namen verdankt die Antisense-DNS dem Umstand, daß sie sich zur „echten“ DNS wie ein Spiegelbild verhält.

Ist die Reihenfolge der Bausteine eines Gens bekannt, so läßt sich im Chemielabor ein paßgenaues Gegenstück herstellen. Dies wäre zum Beispiel sinnvoll, wenn ein DNS-Abschnitt, der den Befehl zur Zellteilung enthält, zu oft abgelesen wird und dadurch eine Krebsgeschwulst hervorruft. Nach dem gleichen Prinzip könnten virale Erbinformationen gezielt abgeschaltet werden, selbst wenn sie, wie beim Aids-Erreger HIV, zwischen den Genen der Wirtszelle versteckt sind.

Ein weiterer Angriffspunkt für die Forscher ist der Informationstransfer, der normalerweise zwischen dem Ablesen eines Gens und der Umsetzung dieser Information in Virus- oder Zellbestandteile steht. Die in der DNS verschlüsselten Baupläne zur Herstellung dieser Bestandteile müssen abschnittweise in Form von Boten-Ribonukleinsäure (RNS) aus dem Zellkern heraustransportiert werden, weil die DNS selbst zu groß ist, um die Poren des Zellkerns zu passieren.

Mit Antisense-RNS kann die Boten-RNS genauso geknebelt und zum Schweigen gebracht werden wie DNS mit Hilfe von Antisense-DNS. Georg Sczakiel vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg verfolgt diese Strategie gegen das Aids-Virus. In Zellkulturen konnte der Molekularbiologe die Vermehrung des Erregers für zunächst zwei Monate verhindern. Allerdings ist dieses künstliche System nicht ohne weiteres beim Menschen anwendbar.

Auch wenn alle Viren komplett stillgelegt würden, ließe sich damit bei infizierten Personen bestenfalls das Fortschreiten der tödlichen Krankheit verhindern. Sczakiel gibt sich trotzdem verhalten optimistisch. „Wenn es gelänge, den Aids-Patienten mit einer Knochenmarkstransplantation HIV-resistente Blutzellen zuzuführen, könnte dies auch für infizierte Personen nützlich sein.“

(mein erster Artikel für die „Süddeutsche Zeitung“, erschienen am 25. Februar 1993)