Ein „Institut für Kartoffelkäferforschung und -bekämpfung“ wird heute in Deutschland nicht mehr gebraucht. Dennoch gab es eine solche Einrichtung bis kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in Darmstadt. Auch heute noch wird in der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft an der Schädlingsbekämpfung gearbeitet, allerdings will man jetzt der afrikanischen Heuschreckenplage zu Leibe rücken.

Besonders schwer wurde Afrika in den Jahren 1985 bis 1988 davon heimgesucht. Damals versuchte man noch, die Insekten mittels synthetischer Chemikalien zu bekämpfen. „Dies gefährdet nicht nur Mensch und Umwelt, sondern macht das Wiederauftreten von Schwärmen wahrscheinlicher, da die natürlichen Feinde wie Vögel oder räuberische Insekten ebenfalls stark dezimiert werden“, meint Dr. Jürg Huber vom Institut für biologischen Pflanzenschutz.

Alternative Methoden der Schädlingsbekämpfung sind daher gefragt und werden auch mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit gefördert. Seit Mai letzten Jahres werden durch die Biologische Bundesanstalt Pathogene aus erkrankten Heuschrecken und aus den Böden der Brutgebiete isoliert.

Dabei stieß man auf den Pilz Metarhizium anisopliae, der von den Forscher als besonders erfolgversprechend bewertet wird. Der Pilz ist ein alter Bekannter, denn der weltweit verbreitete Organismus wurde bereits 1878 von dem russischen Wissenschaftler Elias Metschnikoff beschrieben.

Die Sporen von Metarhizium bleiben an ihren Opfern hängen, zu denen eine Vielzahl verschiedener Insekten gehört. Der Pilz dringt dann in das Insekt ein und breitet dort seine Wachstumsfäden aus. Zurück bleibt ein toter Insektenkörper und eine Vielzahl neugebildeter Sporen, die über längere Zeit im Boden haltbar sind. Im pazifischen Raum wird der Pilz schon länger eingesetzt, um den Indischen Nashornkäfer kurz zu halten.

Auch in Deutschland soll Metarhizium bald zum Einsatz kommen. Diese Marktnische will die Bayer AG jetzt mit dem Produkt „Bio 2010“ besetzen. Hinter diesem Namen verbirgt sich ein Granulat aus Metarhizium, das in großen Mengen hergestellt und über einen ausreichend langen Zeitraum gelagert werden kann. Besonders gegen den Gefurchten Dickmaulrüssler, einen Käfer, der vor allem in Zierpflanzen beträchtliche Schäden verursacht, zeigte der Pilz eine sehr gute Wirkung.

(erschienen in „DIE WELT“ am 21. Juni 1991)

Was wurde daraus? Heuschreckenplagen gibt es immer noch, die aktuelle (2020) soll in Indien die größte seit 27 Jahren sein. Betroffen sind aber auch Pakistan, sowie in Russland die Kaukasus-Regionen Stawropol und Dagestan sowie Gebiete rund um das Altai-Gebirge im Süden Sibiriens. Im Vorjahr waren große Gebiete Ostafrikas mit rund 10 Millionen Menschen von Hunger bedroht. In keiner dieser Regionen konnten die Heuschrecken mit biologischer Schädlingsbekämpfung aufgehalten werden, stets mussten Pestizide eingesetzt werden , um die Schwärme zu kontrollieren.