Jetzt ist die Katze aus dem Sack: Wenige Wochen vor dem Umweltgipfel in Rio hat sich die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) in seltener Einmütigkeit gegen jegliche Art von Energiesparmaßnahmen ausgesprochen. Die handfeste Weigerung, konkrete Schritte gegen die fortschreitende globale Erwärmung zu ergreifen, wird mit der Sorge um das wirtschaftliche Wachstum der Entwicklungsländer, „einschließlich der Ölexportländer“ begründet.

Die Sorge ist ebenso scheinheilig wie unfundiert. Längst sind sich alle – unabhängigen – Klimaforscher einig, daß der weltweite Anstieg der Temperaturen zum überwiegenden Teil auf die Verbrennung fossiler Rohstoffe durch die sechs Milliarden Erdbewohner zurückzuführen ist. Jedes Schulkind weiß heute, daß das Treibhausgas Kohlendioxid beim Verfeuern von Öl und Gas, von Holz und Kohle freigesetzt wird.

„Unter der absehbaren Klimaveränderung werden vor allem die Länder der Dritten Welt zu leiden haben“, befindet zum Beispiel die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages. Vor allem den Entwicklungsländern – einschließlich der meisten Opec-Staaten – drohen Dürreperioden, Flutkatastrophen und im Gefolge dieser Naturereignisse Hungersnöte bisher nicht gekannten Ausmaßes.

Besonders peinlich muß es daher anmuten, wenn sich hochentwickelte Ölexportnationen in das Wehklagen der OPEC-Länder einreihen. Der kanadische Energieminister Rick Orman etwa hält es für wenig sinnvoll, „die Ausgaben für den Kampf gegen Kohlendioxid stark anzuheben“. Die Klimaforscher, so lautet die abenteuerliche. Begründung, könnten sich derzeit noch nicht darauf einigen, ob der CO2-Gehalt der Atmosphäre sich erst in hundert oder schon in sechzig Jahren verdoppeln wird.

(erschienen im Wirtschaftsteil „DIE WELT“ am 25. April 1992)