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Gentherapie nicht ausgeschlossen

Der Aufbau eines Forschungszentrums für Molekulare Medizin in Berlin-Buch schreitet zügig voran. Auf die erst kürzlich im In- und Ausland ausgeschriebenen leitenden wissenschaftlichen Positionen haben sich mittlerweile schon über 200 hochkarätige Forscher beworben. Gründungsdirektor Professor Detlev Ganten äußerste sich gestern in Bonn optimistisch über die weitere Zukunft der für deutsche Verhältnisse einmaligen Institution.

Die klinische Forschung im Zentrum für Molekulare Medizin soll sich nach Auffassung des Gründungskomitees mit den Grundlagen angeborener und erworbener Krankheiten befassen sowie neue Wege zu ihrer Diagnose, Therapie und Prävention erarbeiten. „Bisher besteht in Deutschland das prinzipielle Problem darin, daß die Kliniker Schwierigkeiten haben, mit den ständigen Fortschritten in der Grundlagenforschung Schritt zu halten und diese Erkenntnisse auch am Patienten anzuwenden“, erklärte Ganten im Beisein von Forschungsminister Heinz Riesenhuber. Dies sei umso bedauerlicher, weil die molekularbiologischen Methoden, die in den letzten Jahren entwickelt wurden, den Übergang zur Anwendung wesentlich erleichterten.

Die Ziele des Forschungszentrums, das aus den Zentralinstituten für Molekularbiologie, Krebsforschung und Herz-Kreislauf-Forschung der ehemaligen DDR hervorgeht, definierte der fünfzigjährige Ganten folgendermaßen: „Aufgrund der Arbeit an Molekülen soll der Krankheitsprozeß verstanden werden. Diese Erkenntnisse wollen wir dann schneller als bisher für den Patienten nutzbar machen. Bisher warten wir noch, bis der bereits erkrankte Patient zu uns kommt. In Zukunft wollen wir eine echte Prävention von Krankheiten betreiben.“

Wie Minister Riesenhuber andeutete, ist man sich auch unter den Beteiligten einig, daß die Erprobung der Gentherapie in Berlin-Buch nicht ausgeschlossen erscheint. Daher soll in dem neuen Institut schnellstmöglich eine Ethikkommission zusammengesetzt werden, die sich vorwiegend aus externen Wissenschaftlern rekrutieren soll. „Dies wird ein Komitee sein, das sehr hochrangig und unangreifbar besetzt ist und nicht nur mit Leuten, von denen man weiß, die werden schon alles gutheißen was an gentechnologischen Dingen geplant wird. Ich glaube, daß wir gut beraten sind, uns hier konsensfähigen Projekten zu widmen und uns nicht durch unkritische Vorgehensweise zu diskreditieren“, so Detlev Ganten.

Der Pinatubo beeinflußt das Weltklima kaum

Fast zeitgleich mit der Einsetzung einer Enquetekommission Klima durch Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth hat Forschungsminister Heinz Riesenhuber gestern in Bonn zu den möglichen Auswirkungen von Vulkanausbrüchen auf das Klima Stellung genommen. Der Minister wollte dabei nicht prinzipiell ausschließen, daß die Ausbrüche des Vulkans Pinatubo auf den Philippinen das Weltklima beeinflussen könnten. Dies sei allerdings nur dann möglich, falls es zu weiteren heftigen Eruptionen komme und ausgeschleudertes Material bis in die Stratosphäre gelange.

Vulkanausbrüche haben in der Vergangenheit bereits wiederholt zu relativ kurzfristigen Abkühlungen der Lufttemperatur geführt, weil die Massen an Partikeln, die in die Atmosphäre geschleudert werden, die Sonneneinstrahlung vermindern. „Das Gewicht des Treibhauseffektes ist aber sehr viel größer als die Katastrophe des Pinatubo-Ausbruchs“ betonte der Minister. Man dürfe nicht denken, daß der Ausbruch zu einer weltweiten Abkühlung führen würde und dadurch der Treibhauseffekt nicht mehr so ernst zu nehmen sei.

Erste Schätzungen deutscher Klimaforscher gehen davon aus, daß es in der Region mittelfristig zu einer Abkühlung von drei bis vier Grad im Sommer kommen wird. Gefahr besteht demnach nicht für das Weltklima, sehr wohl aber für die Gesundheit der Anwohner. „Dramatisch ist, was an Schadstoffen in die erdnahe Atmosphäre gelangt. Das kann für Menschen, Tiere und auch die Pflanzenwelt außerordentlich schlimme Folgen haben“, sagte der Minister.

Bisher sei eine Abschätzung der freigesetzten Schadstoffmengen noch nicht möglich. Der Vergleich mit früheren Vulkanausbrüchen lege allerdings nahe, daß die Auswirkungen auf die weltweite Durchschnittstemperatur in der Größenordnung von wenigen Zehntel Grad liegen wird und somit im Bereich der natürlichen Klimaschwankungen. Der Effekt wird sich nach Meinung Riesenhubers nur über drei bis vier Jahre hinweg bemerkbar machen.

Der Minister bekräftigte daher die Bonner Haltung, daß auf der Weltklimakonferenz 1992 in Brasilien eine Klimakonvention mit konkreten Schritten zur CO2- Verringerung abgeschlossen werden müsse.

(erscheinen in „DIE WELT“ am 28. Juni 1991)

Rekordflieger soll Atmosphäre erforschen

Ein Rekordflugzeug besonderer Art wird derzeit in Bayern konzipiert. Wie Forschungsminister Heinz Riesenhuber gestern in Bonn bekanntgab, könnte das Flugzeug mit dem Namen Strato 2C einen wertvollen Beitrag zur Überwachung der Ozonschicht leisten und für einen relativ geringen Preis auch Teilaufgaben von Satelliten übernehmen. Die Strato 2C könne eine Flughöhe von 25 Kilometern erreichen und damit selbst den bisherigen Rekordhalter, das amerikanische Spionageflugzeug U2, übertreffen. Die deutsche Variante eines hochfliegenden Überwachungsflugzeuges würde allerdings nicht militärischen Zwecken dienen, sondern mit wissenschaftlichen Instrumenten zur Überwachung der Atmosphäre beladen sein.

Derzeit befindet sich das Projekt der Firma Grob allerdings erst im Evaluierungsstadium. Im Rahmen der Studie „Flugzeuge für die ökologische Forschung“ wird momentan der eventuelle Bedarf an zusätzlicher Flugzeugkapazität ermittelt. Bereits jetzt aber kristallisiere sich der Bedarf an einem hoch fliegenden Stratosphärenflugzeug heraus, betonte Riesenhuber. Die Ergebnisse der Studie sollen im Juli vorgestellt werden.

Die wenigen technischen Details, die vorab bekanntgegeben wurden, lassen darauf schließen, daß die Strato 2C – sollte sie jemals gebaut werden – neue Impulse für die Entwicklung von Hochleistungsflugzeugen geben wird. Durch den Einsatz von Verbundfaserwerkstoffen werden extreme Gewichtseinsparungen möglich, die einen äußerst geringen Treibstoffverbrauch und entsprechend große Reichweiten zur Folge haben werden. Der Antrieb soll durch Propellerkraft erfolgen, was bei der geringen Luftdichte in 25 Kilometer Höhe für die Ingenieure eine besondere Herausforderung darstellen wird.

Die Kosten für die erste Maschine belaufen sich nach „ersten und vorläufigen Schätzungen“ auf rund 60 Millionen Mark. Dies ist nur ein Zehntel dessen, was derzeit für einen Überwachungssatelliten veranschlagt werden muß, sagte der Minister, der auch eine Beteiligung des Umwelt- und Verkehrsministeriums an dem Projekt für möglich hält. Noch aber seien die Gespräche mit den beteiligten Wissenschaftlern nicht abgeschlossen; eine abschließende Bewertung daher noch nicht möglich.

(erschienen in „DIE WELT“ am 28. Juni 1991)

Was wurde daraus? Der Flieger hat tatsächlich abgehoben, war aber nur vom März bis August 1995 unterwegs, wie ich der Wikipedia entnehme. Auch sonst waren die Erwartungen ´mal wieder größer als die tatsächlichen Leistungen. Als maximale Flughöhe wurden „nur“ 18.561 Meter erreicht – die U2 flog mit 21.000 deutlich höher. Höher als gedacht waren dagegen die Kosten: Einen genauen Betrag konnte ich nicht ermitteln, jedoch stiegen sie laut Wikipedia rapide, „weswegen die Bundesregierung schließlich aus der Finanzierung ausstieg und Grob das Projekt auf Eis legte.“ Wissenschaftliche Ergebnisse der Flüge habe ich vergeblich gesucht…

Benzin-Ersatz Methanol soll Ozon-Werte senken

Auch wenn die wenigsten Auto­fahrer es wahrhaben wollen: Kraftfahrzeuge sind eine der Haupt­quellen für die zunehmende Luftver­schmutzung. Bei der Verbrennung von Benzin und Diesel setzen unsere fahrbaren Untersätze Schadstoffe frei, die für den Smog in Ballungszen­tren und gesundheitsgefährdende Ozonkonzentrationen am Boden ebenso verantwortlich sind wie für sauren Regen und den Treibhaus­effekt.

Viele Alternativen zu den her­kömmlichen Treibstoffen wurden be­reits erwogen: Wasserstoff und Bioal­kohol, komprimiertes und verflüssig­tes Erdgas, Solarenergie und Strom aus der Steckdose. Keine Substanz aber vereint derart viele Vorteile in sich wie der simple Alkohol Metha­nol. Zu diesem Schluss kam jedenfalls die Kalifornische Energiekommis­sion, die bis zum Jahr 1993 rund 5000 methanolgetriebene Autos auf den Highways des amerikanischen Bun­desstaates testen wird. US-Präsident George Bush wollte die Autoherstel­ler sogar dazu verpflichten, schon ab 1997 eine Million Fahrzeuge, angetrieben von „sauberen“ Kraftstoffen, auf die Straßen amerikanischer Großstädte zu bringen – ein Vorstoß, der beim Gerangel um die Neufassung des Luftreinhaltungsgesetzes allerdings auf der Strecke blieb.

Warum die Aufregung? Bei der Verbrennung von Methanol entsteht deutlich weniger Ozon als mit herkömmlichen Kraftstoffen. Diese Form des Sauerstoffs, die in rund 30 Kilometer Höhe als Schutzschild gegen die krebserregende UV-Strahlung dient, ist am Boden ein gefährliches Gift. Zu hohe Ozonkonzentrationen können besonders Kindern und älteren Menschen, aber auch Asthmatikern gefährlich werden. Atemnot, Husten und Brustschmerzen sind die Folgen, außerdem steht Ozon im Verdacht, auch bleibende Schäden der Lunge zu verursachen.

Nach einer Darstellung des Weißen Hauses lebt rund die Hälfte der amerikanischen Bevölkerung in Gebieten, in denen die gesetzlichen Grenz­werte für Ozon nicht eingehalten wer­den. So kam es 1988 in Los Angeles, begünstigt durch den heißen Som­mer, an 176 Tagen des Jahres zu über­höhten Ozonkonzentrationen. Auch in der Bundesrepublik kommt es in diesen Tagen laufend zu erheblichen Überschreitungen des Richtwertes von 120 Mikrogramm Ozon pro Ku­bikmeter Luft, wie er vom Verband Deutscher Ingenieure empfohlen wurde.

Eine Studie, die jüngst im amerika­nischen Wissenschaftsmagazin „Science“ veröffentlicht wurde, be­legt, dass der Einsatz von Methanol die Luftqualität im Großraum Los Angeles deutlich verbessern könnte. Der sofortige Einsatz von reinem Me­thanol (M 100) könnte demnach im Jahr 2000 die Spitzenwerte für Ozon fast so stark reduzieren wie ein totales Verbot von Kraftfahrzeugen. Mit ei­nem Gemisch aus 85 Prozent Metha­nol und 15 Prozent Benzin (M 85) wä­re noch eine 30prozentige Reduktion zu erreichen. Dr. Axel Friedrich, zu­ständiger Fachgebietsleiter beim Berliner Umweltbundesamt und einer der Kritiker der Methanoltechnologie, ist allerdings der Meinung, dass die amerikanischen Modellrechnungen nicht auf deutsche Verhältnisse übertragen werden können.

Unbestritten ist jedoch, dass die Verbrennung des Methanols insgesamt weniger Schadstoffe freisetzt als die herkömmlicher Kraftstoffe. Die teilweise recht komplexen Bestandteile von Benzin und Diesel neigen nämlich dazu, nur unvollständig zu verbrennen. Dadurch wird das giftige Gas Kohlenmonoxid („Garagenkiller“) freigesetzt, außerdem krebserzeugende Substanzen wie Rußpartikel und Benzol. Zusätzlich entstehen in Nebenreaktionen Stickoxide (NOx), die am Boden die Ozonbildung fördern und für den sauren Regen mitverantwortlich sind. Auch wenn, wie Kritiker anmerken, bei der Methanolverbrennung die krebserregende Chemikalie Formaldehyd vermehrt gebildet wird, spricht die Gesamtbilanz doch eindeutig für diesen Treibstoff.

Charles Gray ist bei der amerikanischen Umweltschutzbehörde EPA zuständig für die Entwicklung der gesetzlichen Richtwerte für Autoabgase. Er ist einer der glühendsten Befürworter des Methanols und glaubt, dass die konsequente Weiterentwicklung methanolgetriebener Fahrzeuge nicht nur die Atemluft dramatisch entgiften könnte, sondern auch einen wichtigen Beitrag zur Kontrolle des Treibhauseffektes liefern würde. Das Methanolauto der Zukunft, so Gray, soll im Vergleich zu heutigen Fahrzeugen nur ein Fünftel des Kohlendioxids und gar nur ein Zehntel der übrigen Schadstoffe produzieren.

Zukunftsmusik? „Insgesamt kann die technische Entwicklung der Methanolmotoren im Pkw als abgeschlossen betrachtet werden. Die Bundesrepublik Deutschland ist hier weltweit führend“, so bilanzierte Bundesforschungsminister Heinz Riesenhuber bereits vor gut einem Jahr. Vorausgegangen war dieser Behauptung ein fünfjähriges Pilotprogramm des BMFT unter Beteiligung der Kraftfahrzeug- und Kraftstoffindustrie. Mehr als 100 Pkws und zwei Busse waren erprobt worden, teils mit Vier- und Sechs-Zylinder-Ottomotoren, teils mit Vergaser. Ergebnis des Langzeitprogramms, bei dem manche der getesteten Fahrzeuge über 100000 Kilometer zurücklegten:

„Ein praxisgerechter Betrieb der Fahrzeuge mit gewohnt gutem Fahrverhalten und teilweise mit Leistungssteigerungen ist möglich.“ Insgesamt, so fand auch das BMFT, werden weniger Schadstoffe freigesetzt, die Gefahr der Smogbildung verringert und die Emission von Rußpartikeln mit Methanoldieselmotoren fast vollständig vermieden.

Für Autohersteller wie Mercedes­-Benz ist das Thema bereits ein „alter Hut“. Der Bau eines speziellen Motors sei nicht nötig, teilte Dr. Lothar Krösch mit. Methanol unterscheidet sich vorwiegend im niedrigeren Ener­giegehalt pro Volumeneinheit von herkömmlichem Benzin. Die zerset­zenden und stromleitenden Eigen­schaften des Methanols führen aller­dings dazu, dass der Tank aus rost­freiem Stahl gefertigt werden muss. Auch verschiedene Motorbauteile müssen an die höheren Anforderun­gen angepasst werden. Die Mehrko­sten, die dadurch entstehen, werden auf etwa 600 Mark geschätzt.

Auf dem Genfer Autosalon präsen­tierte Mercedes erstmals ein Fahrzeug für den Mischbetrieb, das wechseln­de Anteile von herkömmlichem Ben­zin und Methanol „verdaut“. Es han­delt sich dabei um ein Modell der 300er-Serie, bei dem ein Sensor den Methanolanteil im Treibstoff ermit­telt und dann die Einspritzung steu­ert. Derartige Fahrzeuge. wie sie auch von Ford und General Motors ent­wickelt wurden, bieten den offen­sichtlichen Vorteil, dass zukünftige Käufer nicht auf Tankstellen ange­wiesen sein werden, an denen Metha­nol angeboten wird.

Auch in finanzieller Hinsicht könn­te Methanol konkurrenzfähig sein. Zurzeit kostet eine Tonne Methanol auf dem Markt etwa 210 Mark, das bedeutet einen Literpreis von 16 Pfennig. Er ist aber sehr abhängig von der Ausgangs-Substanz und vom Herstellungsverfahren. Nach Schät­zungen der Internationalen Energie­agentur ist Methanol konkurrenzfä­hig, wenn der Erdölpreis über 20 Dol­lar pro Fass liegt – so wie es zurzeit als Folge der Irak-Krise der Fall ist. Für den Treibstoff, der ebenso wie Benzin und Diesel flüssig und leicht brenn­bar ist, wäre auch kein neues Vertei­lungsnetzwerk nötig. Bestehende Transport- und Lagervorrichtungen ließen sich ohne große Investitionen für Methanol nutzen.

Im Prinzip kann der zukunftsträch­tige Energieträger aus allen kohlen­stoffhaltigen Substanzen hergestellt werden. Die Möglichkeit, Methanol aus Erdgas oder Kohle, Erdölrück­ständen, Biomasse und sogar aus Ab­fall zu gewinnen, könnte diesen Treibstoff weltweit langfristig verfüg­bar machen, meint Dr. Hansgert Quadflieg, Leiter der Stabsstelle Pro­jektbegleitung beim TÜV Rheinland. Ökonomische Überlegungen konzen­trieren sich aber darauf, den „Alterna­tivkraftstoff Nummer eins“ aus Erd­gas herzustellen.

Da bei der Erdölgewinnung derzeit große Mengen an Methangas einfach abgefackelt werden, ließen sich durch die Umwandlung in Methanol gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Der Gesamtverbrauch an Primärenergie ginge zurück (es wür­de nämlich entsprechend weniger Benzin benötigt), gleichzeitig gelang­ten weniger Schadstoffe und Treib­hausgase in die Atmosphäre. Diese Lösung bietet sich vor allem für die USA an, da sie in Alaska über gewalti­ge Erdgasfelder verfügen.

Methanol für den deutschen Markt könnte aus bisher noch ungenutzten norwegischen Erdgasfeldern kom­men. Wie Quadflieg mitteilte, strebt Norwegen allerdings vor der kosten­intensiven Erschließung eine Abnah­megarantie der Bundesrepublik über einen längeren Zeitraum hinweg an. Dagegen bestehen auf deutscher Sei­te prinzipielle Bedenken gegenüber einer Preisgarantie bei schwanken­den Rohölpreisen. Ein Eingriff in den Mechanismus der freien Marktwirt­schaft, sprich Subventionen oder Steuererleichterungen, wird vom Wirtschaftsministerium abgelehnt.

(erschienen in der WELT am 16. August 1990. Letzte Aktualisierung am 18. März 2017)

Was ist daraus geworden? Aus der brasilianischen Botschaft bekam ich damals einen freundlichen Leserbrief mit Lob für den Artikel und dem Hinweis, dass in Brasilien zu dem Zeitpunkt bereits 4,5 Millionen Autos mit Äthanol (= Alkohol) unterwegs waren. Heute aber sehen wir bei einem Stop an der Tankstelle: Methanol hat sich nicht durchgesetzt. Beimischungen in geringer Konzentration werden aus Kostengründen nicht gemacht, lese ich in der Wikipedia. Und obwohl neben den USA auch Japan, China, Neuseeland und Südafrika mit der Technologie experimentiert haben, konnte sie sich nirgendwo durchsetzen. Der Hauptgrund dürfte die Entwicklung von Katalysatoren gewesen sein, wodurch die Emissionen an Kohlenwasserstoffen und Stickoxiden deutlich gesenkt wurden.

Viele Tüftler erfinden je nach Saison

Fragen kostet nichts, zumindest für „Erfinder, Erwerbslose und Studenten“, die ihre Einfälle in gewinnbringende Patente ummünzen wollen. Darauf haben Experten gestern bei einem Pressegespräch im Bonner Bundesforschungsministerium (BMFT) hingewiesen.

Heinz Riesenhuber

Einer der besten Forschungsminister, die wir je hatten: Dr. Heinz Riesenhuber (Foto-AG Gymnasium Melle [CC BY-SA 4.0] via Wikimedia Commons)

Kreativität und Innovationsbereitschaft bestimmen ganz wesentlich die Zukunftschancen einer Industrienation, so Forschungsminister Heinz Riesenhuber. Vor allem den freien Erfindern steht in der Bundesrepublik eine ganze Reihe von Einrichtungen zur Verfügung, die Schutz und gewinnbringende Verwertung zündender Ideen erleichtern sollen. Trotzdem kommt der überwiegende Anteil der rund 35 000 Patente, die letztes Jahr hierzulande angemeldet wurden, aus der Industrie.

Tüftler und Bastler sollten sich von den 40 000 Mark, die der weltweite Schutz einer Erfindung kostet, nicht abschrecken lassen. Wie Hans-Jochen Bischof von der Patentstelle der deutschen Forschung erklärte, können Erfindern finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden. Im Rahmen eines Fördervertrages werde dabei ein zinsloses Darlehen gewährt, das nur bei späterer Vermarktung des Patents zurückgezahlt werden muss.

Eine kostenlose Erfinderberatung bietet zum Beispiel das Innovations- und Patent-Centrum (IPC) in Hamburg, dessen rund drei Millionen Patentschriften umfassender Bestand wöchentlich um etwa 2600 wächst. Auch Computerdatenbanken können abgefragt werden, erklärte Andrea Koch. Damit wird es möglich, mit der Datenflut Schritt zu halten, die sich etwa alle fünf Jahre verdoppelt. Die Ingenieurin wies darauf hin, dass die Bedeutung von Patenten als beste Quelle für technisches Wissen überhaupt von den privaten Erfindern meist übersehen werde.

Ein großer bayerischer Elektrokonzern dagegen hat alleine acht Mitarbeiter abgestellt, die bei der deutschen Patentschriften-Auslegestelle (PAS) in Nürnberg die Patentanträge sichten, wenn sie nach 18monatiger Frist offengelegt werden. Lothar Wild, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft deutscher PAS, berichtete aus seinen Patent-Erfahrungen. Etwa zwei- bis dreimal im Jahr werde das Perpetuum mobile „erfunden“. Auch unterliegt die Kreativität wohl saisonalen Schwankungen: Im Frühjahr werden viele Tüftler der Umweltprobleme gewahr – wie etwa der Vertreibung von Weinbergschnecken auf das Nachbargrundstück.

Dagegen kreisten in den Wintermonaten die Gedanken mehr darum, wie die Freizeit möglichst fortschrittlich zu verbringen sei. Dennoch gebe es keine unsinnigen Patente. Als Beispiel erwähnte Wild eine Bergsteigerhilfe in Form eines Rucksacks, die 1925 trotz ihrer eher zweifelhaften Tauglichkeit patentiert worden sei. Mittlerweile ist das damals patentierte Prinzip im Rahmen der Mondlandungen zu Ehren gekommen.

(erschienen in der WELT am 18. August 1989)