Was unterscheidet einen Elefantenstoßzahn, der von einem gewilderten Tier stammt, von legal gewonnenem Elfenbein? Äußerlich ist da sicher kein Unterschied festzustellen, und in den nächsten zwei Jahren ist diese Frage ohnehin nicht akut, da jeglicher Handel mit dem „weißen Gold“ verboten ist. Dann aber könnte es enorm wichtig werden, zum Beispiel ostafrikanisches von südafrikanischem Elfenbein zu unterscheiden.

Elefantenbulle im Masai Mara Nationalpark, Kenia 1991

Elefantenbulle im Masai Mara Nationalpark, Kenia 1991

Denn die Mitgliedsländer der Konvention über den internationalen Handel mit bedrohten Arten (Cites) haben sich bei dem im Oktober in Genf geschlossenen Abkommen ein Hintertürchen offen gehalten. 1991 soll, vor allem auf Wunsch des Hauptimportlandes Japan und des Exportlandes Südafrika, neu über das Moratorium verhandelt werden. Ein begrenzter Handel mit Elfenbein wäre dann wieder denkbar.

In den vor Wilderern gut geschützten Nationalparks Südafrikas ebenso wie in Botswana und Simbabwe vermehren sich die Dickhäuter nämlich rapide. An feste Standorte gezwungen, können die Herden nicht mehr ihren traditionellen Wanderwegen folgen und fressen sich selbst die Nahrung weg. Um ökologischen Katastrophen vorzubeugen, halten die Ranger die Zahl der Tiere durch kontrollierten Abschuss einigermaßen konstant.

Genetische Verfahren können die Herkunft von Elfenbein aufdecken

Die dabei gewonnenen Stoßzähne bilden eine wichtige Einnahmequelle für Botswana und Simbabwe. Aber auch Südafrika will auf diese Gelder nicht verzichten. Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen scheinen nun einen Ausweg aus diesem Dilemma gefunden zu haben. So gelang es dem Biologen Nick Georgiadis, Elfenbein zu unterscheiden, das aus den benachbarten Ländern Kenia und Tansania stammte. Georgiadis verglich dazu die „genetischen Fingerabdrücke“ der toten Elefanten.

Bei dieser Methode werden Muster in der Erbsubstanz der Tiere sichtbar gemacht, die den computerlesbaren schwarzweißen Strichcodes auf Lebensmittelpackungen ähnlich sehen. Jedes Tier hat zwar sein eigenes Muster, die Muster verwandter Tiere aber sind sich untereinander ähnlich. Die Forscher haben damit einen Schlüssel in der Hand, mit dem sich die Herkunft einzelner Stoßzähne nachweisen lässt.

Doch damit nicht genug: John C. Patton von der Washington-Universität in St. Louis glaubt, anhand des untersuchten Erbmaterials auch die Stoßzähne weiblicher Tiere von denen ihrer männlichen Artgenossen unterscheiden zu können. Dies wäre für die Tierschützer besonders wertvoll, weil sich damit Rückschlüsse auf die Zusammensetzung der Herden und das Verhalten der Wilderer ziehen lassen.

Einen ganz anderen Weg, um die Herkunft des weißen Goldes zu bestimmen, hat Nikolaas van der Merwe (Harvard·Universität) gefunden. Mit einer physikalisch-chemischen Methode, der Massenspektroskopie, untersucht der Archäologieprofessor die Zusammensetzung verschiedener Elemente, die sich als Folge der Nahrungsaufnahme im Körper der Elefanten ablagern.

So gibt es unterschiedlich schwere Formen (Isotope) des Kohlenstoffs, des Stickstoffs, des Strontiums und vieler anderer Elemente. Aus der Verteilung der Strontiumisotope im Boden kann das geologische Alter des Untergrundes abgelesen werden; die Mischung der verschieden schweren Stickstoffatome ist abhängig von der Menge des Niederschlags in einer Region. Schließlich enthalten Gräser verhältnismäßig mehr „schweren“ Kohlenstoff als Büsche und Bäume, da die Photosynthese auf unterschiedlichen Pfaden verläuft.

Mit der Nahrung übertragen sich die charakteristischen Isotopengemische einer Landschaft auch auf die dort lebenden Elefanten. Jede von 27 bisher untersuchten Regionen hinterließ so ein charakteristisches Muster, wie van der Merwe herausfand. Damit müsste es möglich sein, auch die Herkunft von bereits bearbeiteten Stoßzähnen festzustellen, was mit dem genetischen Fingerabdruck nicht zu leisten wäre.

Für Georgiadis und van der Merwe ist ein überprüfbares Herkunftszertifikat für Elfenbein ein wichtiges Instrument, um das Überleben freilebender Dickhäuter zu gewährleisten. Die Kosten dafür würden sich auf rund 500 Mark pro Stoßzahn belaufen. Doch manche Experten bezweifeln den Sinn einer solchen Maßnahme. Richard Leakey, Direktor von Kenias Tierschutzministerium, setzt auf das totale Handelsverbot: „Seit dem Inkrafttreten des Importstopps in den USA und Europa hat Elfenbein in Kenia keinen Wert mehr.“ Dies und verstärkte Maßnahmen gegen Wilderer hätten dazu geführt, dass innerhalb des letzten halben Jahres keine Elefanten mehr in den kenianischen Nationalparks getötet wurden.

(erschienen in der WELT vom 13. Januar 1990)