Einen ,,Aktionsplan für die neunziger Jahre“ und darüber hinaus soll die Agenda 21 darstellen. Dieses Dokument wird zwar rechtlich unverbindlich bleiben, dafür aber auf rund 800 Seiten konkrete Vorschläge unterbreiten. Regierungen und Behörden, Industrie, Banken und Umweltschützer – jeder kann hier die gebündelte Weisheit der Experten zum Thema „Umwelt und Entwicklung“ nachlesen. Auf der letzten von vier Vorbereitungssitzungen zur UNCED-Konferenz konnten sich Anfang April in New York die Delegierten aus 160 Ländern allerdings noch nicht auf alle Programmpunkte einigen. Das Kapitel ,,Rettung der Wälder“ etwa ist noch offen, auch deshalb, weil eine für alle akzeptable Definition des Begriffes „Wald“ nicht zu finden war.

Die Sprachschwierigkeiten der Gesandten verblassen allerdings gegenüber dem Hauptproblem der Agenda 21: Die Finanzierung des Maßnahmenpakets hängt derzeit noch völlig in der Luft. Addiert man die geschätzten Kosten für alle Programmbereiche – auch diese Zahlen sind in dem Dokument enthalten -, kommt man auf die stolze Summe von jährlich 200 Milliarden Mark.

Dieser Betrag, so UNCED-Generalsekretär Maurice Strong, würde benötigt, um alle empfohlenen Aktivitäten sofort zu beginnen und bis zur Jahrtausendwende zum Abschluß zu bringen. Zwar rechnen auch die größten Optimisten nicht damit, daß die reichen Industrieländer sich zu Zahlungen in dieser Größenordnung verpflichten könnten, die Chancen für eine „Initialzündung“ stehen aber nicht schlecht.

Inzwischen mehren sich nämlich die Zeichen, daß Japan auf dem Umweltgipfel eine Führungsrolle übernehmen und jährlich mindestens fünf Milliarden Dollar bereitstellen könnte. Damit würde es immerhin die Hälfte jener zehn Milliarden bezahlen, welche die UN-Kommission für Umwelt und Entwicklung anvisiert, um ein völliges Scheitern der Konferenz zu verhindern.

Sollte die Finanzierung der Agenda 21 trotzdem scheitern, wäre dies keine Entschuldigung für die Industrienationen, die Empfehlungen der Experten zu ignorieren. Die USA, die EG und Japan könnten vieles bewegen, wenn sie nur – wie gefordert – Handelsbarrieren und Subventionen abbauten und damit den Entwicklungsländern neue Einnahmequellen erschlössen.

Bei der wirtschaftlichen Entwicklung wurden ökologische Gesichtspunkte weitgehend ignoriert, konstatiert das Dokument. Die Lösung: „Die Annahme, daß die Umwelt ein frei verfügbares Gut sei“ müsse korrigiert werden. Im Klartext: Die Umweltsünder sollen zur Kasse gebeten werden, bisher frei verfügbare Ressourcen wie Luft und Wasser müßten künftig bezahlt werden.

Quelle:

Agenda 21. Aktionsprogramm der Konferenz für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen (UNCED) in Rio de Janeiro 1992 (deutsche Übersetzung).

(erschienen in „DIE WELT“, 25. Mai 1992)