Zum Hauptinhalt springen

Computer gegen Retinitis pigmentosa

Mit den unterschiedlichsten Ansätzen versuchen Forscher, die Ursache für die Augenkrankheit Retinitis pigmentosa (RP) aufzuhalten: den fortschreitenden Zerfall der Fotorezeptor-Zellen in der Netzhaut auf der Rückseite des Auges. Erste Anzeichen sind meist eine Verkleinerung des Gesichtsfeldes und eine Verschlechterung der Nachtsicht

Zwar gibt es einige Erfolgsmeldungen aus frühen Versuchen, das Leiden mit einer Gentherapie zu lindern. Auch die Transplantation von Stammzellen ins Auge wird erprobt. Und man hat man herausgefunden, dass die Einnahme von Vitamin A das Fortschreiten der RP womöglich verlangsamen kann. Einige einige Patienten haben durch sogenannte Retina-Implantate sogar einen Teil ihres Sehvermögens zurückgewonnen.

Eine echte Heilung für das Gros der Patienten, deren Zahl alleine in Deutschland auf 30000 bis 40000 geschätzt wird, ist aber noch nicht in Sicht. Umso mehr freue ich mich über eine gute Nachricht, die ich von der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) erhalten habe, der wissenschaftlichen Vereinigung deutscher Augenärzte. Ich zitiere in Auszügen:

Tübinger Augenärzte haben … ein computerbasiertes Training entwickelt, das die Wahrnehmung und das Orientierungsvermögen der Betroffenen innerhalb von sechs Wochen deutlich verbessert. Die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) sieht in der Software eine Chance, die Sicherheit und die Lebensqualität von Menschen mit Retinitis pigmentosa zu steigern und empfiehlt, das Training in die Behandlung dieser Patienten mit einzubinden.

„Die Patienten erkennen Hindernisse zu spät, sie stürzen häufiger, und das Risiko, als Fußgänger im Straßenverkehr zu Schaden zu kommen, ist erhöht“, sagt Professor Susanne Trauzettel-Klosinski, die an der Universität Tübingen die Forschungseinheit für visuelle Rehabilitation leitet. Darunter leidet die Lebensqualität: „Viele Menschen mit Tunnelblick trauen sich kaum mehr ihre Wohnung zu verlassen und am öffentlichen Leben teilzunehmen“, sagt sie.

Dagegen hilft offenbar ein Trainingsprogramm, bei dem die Patienten vor einem Bildschirm sitzen, auf dem zufallsgesteuert Zahlen erscheinen. Die Aufgabe besteht darin, die Zahlen mit der Maus wegzuklicken. Dabei erscheinen einige Zahlen auch außerhalb des Gesichtsfeldes der Patienten. Durch gezielte Bewegungen der Augäpfel lernen sie aber, auch diese Zahlen zu erfassen. Ein ähnliches Training nutzen bereits Schlaganfallpatienten, bei denen der Hirnschaden zu einem Gesichtsfeldausfall geführt hat.

In einer ersten klinischen Studie testeten 25 Patienten mit Retinitis pigmentosa das PC-Programm zu Hause am Laptop. Sie trainierten an fünf Tagen pro Woche für jeweils 30 Minuten. Die Ergebnisse wurden nun im Fachblatt PLOS One veröffentlicht: Nach sechs Wochen Training hatten die Patienten ihre Reaktionszeiten im PC-Training um 37 Prozent gesenkt. Die Patienten konnten danach einen Gehtest mit Hindernissen schneller und mit weniger Fehlern absolvieren als eine Vergleichsgruppe, die nur an einem Lesetraining teilgenommen hatte. Während des Gehtests trugen alle Teilnehmer ein Gerät, das die Augenbewegungen registrierte.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Probanden vermehrt die Umgebung ihres eingeschränkten Gesichtsfeldes erkunden, erklärt Trauzettel-Klosinski: „Durch das Training haben sie gelernt, die Bewegung ihrer Augäpfel bewusst zu steuern – so nehmen sie Hindernisse besser wahr als untrainierte Patienten.“ Ein solches Training kann die Mobilität auch nach einem bereits erfolgten Orientierungs- und Mobilitätstraining mit dem Langstock verbessern. Die Tübinger Ophthalmologen arbeiten die Trainingssoftware nun zu einem benutzerfreundlichen Programm aus. Die Kosten dafür schätzt Trauzettel-Klosinski auf etwa 300 Euro und hofft, dass die Krankenkassen sich daran beteiligen.

Übertriebene Hoffnungen möchten die Tübinger Augenärzte trotzdem nicht aufkommen lassen. Das Training kann die RP weder aufhalten noch heilen. Aber es hilft offenbar, trotz des fortschreitenden Sehverlustes im Alltag besser zurecht zu kommen. „Die Übungen helfen den Betroffenen ihr verbliebenes Blickfeld effektiver zu nutzen und sich so im Alltag besser zurechtzufinden“, erklärt Professor Frank G. Holz vom Vorstand der Stiftung Auge, die die Tübinger Studie unterstützt hat. Für die Patienten böte das Training spürbare Vorteile: sie können aktiv etwas gegen die Folgen der Erkrankung unternehmen und gewinnen an Lebensqualität.

(veröffentlicht bei hirnstimulator.de am 11. August 2016)

Originalliteratur:

Ivanov IV, Mackeben M, Vollmer A, Martus P, Nguyen NX, Trauzettel-Klosinski S. Eye Movement Training and Suggested Gaze Strategies in Tunnel Vision – A Randomized and Controlled Pilot Study. PLoS One. 2016 Jun 28;11(6):e0157825.

Software-Test: Lotus Organizer

Zeit ist nicht nur Geld, sondern auch die Voraussetzung dafür, das Leben zu genießen. So gesehen ist konsequente Pla­nung ein Ausdruck von Weis­heit, ein nobles Unterfangen, bei dem jede Hilfe willkommen sein sollte. Hierbei bekommen Terminka­lender der gehobenenen Preis­klasse zunehmend Konkurrenz durch Computerprogramme wie den „Organizer“ der Firma Lo­tus. Voraussetzung für den Ein­satz dieser pfiffigen Software ist das Betriebssystem Windows. ·

Für 400 Mark bietet der Or­ganizer dann nicht nur einen hervorragenden Bedienungs­komfort, sondern auch eine an­sprechende Optik: Auf dem Farbbildschirm erscheint bei Start des Programms ein Ring­buch mit verschiedenen Regi­stern wie Adressen, Notizen, Jahrestage, Aktivitäten und dem eigentlichen Terminkalender.

Hier endet auch schon die Ähnlichkeit zu den klassischen Vertretern dieser Sparte. Per Knopfdruck kann beispielswei­se von täglicher auf wöchentli­che Darstellung umgeschaltet, oder das Zeitraster neu einge­stellt werden. Neue Register las­sen sich problemlos hinzufügen, um etwa private von geschäftli­chen Informationen zu trennen.

Auf Wunsch erinnert der Or­ganizer mit verschiedenen Melo­dien an bevorstehende Termine. Nach Erledigung werden diese automatisch durchgestrichen. Will man einen Eintrag, wie die Adresse eines unzuverlässigen Geschäftspartners, löschen, so steht dafür auf dem Bildschirm ein kleiner Papierkorb zur Ver­fügung. Mit der Maus wird der Datensatz auf den elektroni­schen Abfalleimer gezogen, wo er stilvoll in Flammen aufgeht.

Eine Suchfunktion sorgt da­für, daß sämtliche Informatio­nen blitzschnell wiederzufinden sind. Kleine Ikonen zeigen auf dem Bildschirm Drucker, Frage­zeichen, Notizblock oder andere einleuchtende Symbole und er­leichtern dadurch die Bedie­nung ungemein. Überzeugend ist auch die Möglichkeit, bereits vorhandene Daten aus anderen Programmen zu übernehmen. Abgerundet wird der positive Gesamteindruck durch eine vor­bildliche Druckfunktion.

(erschienen in der Beilage zur Computermesse CEBIT, „DIE WELT“, 24. März 1993)

Was wurde daraus? Der Wikipedia entnehme ich, dass der Organizer zwar seit dem Jahr 2013 nicht mehr verkauft wird, bei kleinen und mittleren Unternehmen aber beliebter sein soll, als Outlook. Ziemlich bemerkenswert, für ein bald 30 Jahre altes Produkt, finde ich. Habe ihn aus Spaß nochmals installiert und bin immer noch angetan von diesem Klassiker.

 

Computerkauf: Service ist Glücksache

Der Test einer Fachzeitschrift bestätigt die eigenen Erfahrungen und ist für mich Anlaß zu einer Abrechnung mit der Computer-Branche, deren unausgereifte Produkte mich gefühlt mehrere Jahre meines Lebens gekostet haben. Wer glaubt, dass früher alles besser war, ist offenbar zu jung, um jemals einen Drucktreiber von Hand installiert zu haben…

Fast jeder Computerneuling stellt sich vor dem ersten Schritt ins elektronische Zeitalter die gleiche Frage: Warum kostet Gerät A nur 2000 Mark, Gerät B aber mehr als das Doppelte – bei gleichen technischen Daten?

Meist wird der Anfänger dann belehrt, daß man bei B ja gleich noch die Sicherheit einer großen Marke mitgeliefert bekomme. “Wenn da mal ‚was schiefläuft, können Sie sich voll und ganz auf den erstklassigen Kundenservice verlassen“, lautet eine der häufigsten Lügen in der Branche.

Die Wahrheit sieht dagegen ganz anders aus, wie die Fachzeitschrift PC Professionell in einem aufwendigen Werkstattest herausfand. Die Bilanz der Prüfer: Service ist Glückssache. Wer bisher glaubte, bei Edelmarken wie IBM und Compaq in jedem Fall besser aufgehoben zu sein als bei den Billiganbietern Vobis und Escom, wird seine Meinung ändern müssen.

Genauso falsch ist allerdings der Umkehrschluß, wonach die höchste Qualität und der beste Service ausgerechnet bei den Handelsketten mit den niedrigsten Preisen zu finden wären. Die für die Branche wenig schmeichelhafte Conclusio lautet vielmehr, daß die wenigsten Firmen halten, was sie versprechen.

In Frankfurt, Köln und München fühlten die Tester, getarnt als Geschäftskunden mit bescheidenen PC-Kenntnissen, jeweils einer Niederlassung der genannten Firmen auf den Zahn. Die Qualität der Beratung schwankte dabei auch bei Vertretern des gleichen Anbieters zwischen exzellent und nicht existent.

Nur wenige Verkäufer waren in der Lage, kaufmännisches Know-how mit soliden Fachkenntnissen zu verbinden. Bei den Discountern waren die PC-Profis in der Überzahl, bei den Edelmarken eher die geschulten Verkäufer. Auch der telefonische Beratungsdienst, die sogenannte Hotline, erwies sich meist als wenig hilfreich. Im Test waren – vorwiegend bei Billiganbietern – manchmal 50 Versuche erforderlich, um überhaupt einen Gesprächspartner ans Telefon zu bekommen.

Mit den relativ einfachen Problemen, welche die Tester dann schilderten, waren wiederum die meisten Kundenberater überfordert. Die Verluste, welche in der Geschäftswelt durch diese haarsträubenden Zustände entstehen, sind kaum zu beziffern.

Zu allem Übel ist das Problem nicht auf Verkauf und Service begrenzt. Immer wieder werden Computerprogramme auf den Markt geworfen, bei denen offensichtlich mehr Geld für das Marketing als für die eigentliche Entwicklung ausgegeben wurde. Software, die nach x-facher Ankündigung mit teilweise jahrelanger Verspätung in den Fachhandel kommt, weist allzu oft gravierende Mängel auf. Da kann es dann schon mal passieren, daß man steckenbleibt, weil eine bestimmte Tastenkombination dem Textprogramm nicht gefällt. „Er hat sich aufgehängt“, diagnostiziert der Insider und freut sich, wenn seine Daten nach solch einem Systemabsturz noch zu retten sind.

Auch ein intensives Studium der gängigen Computerzeitschriften schützt nicht immer vor bösen Überraschungen. Viele Programme vertragen sich nämlich nicht miteinander. Der Anwender muß sich dann entscheiden, ob er beispielsweise Wert legt auf einen allzeit bereiten elektronischen Terminkalender, oder ob er lieber ein Virenschutzprogramm in den Speicher lädt. So geschieht es nicht selten, daß ein System, welches jahrelang reibungslos funktionierte, seinen Dienst verweigert, sobald ein neues Programm hinzugefügt wird.

Obwohl sicherlich auch beim Kauf einer Kamera oder einer Stereoanlage gewisse Vorkenntnisse von Nutzen sind, befindet sich der Computerneuling doch in einer besonders mißlichen Lage: Wie das Gerät funktioniert oder warum es im Zweifelsfall nicht funktioniert, das muß er schon selbst wissen.

(erschienen in der CEBIT-Beilage „DIE WELT“ am 24. März 1993 )

Software-Test Norton Backup

Ein perfektes Instrument zur Sicherung der wertvollen Daten, die jeder ernsthafte Computernutzer auf seiner Festplatte ansammelt – dies ist der Anspruch des englischsprachigen Programmes Norton Backup 1.1. Innerhalb von fünf Minuten ist die Installation abgeschlossen.

Nach mehreren Kurztests, in denen das Programm die optimalen Einstellungen für den jeweiligen Computer eigenständig vornimmt, erscheint die beruhigende Meldung, man könne nun zuverlässige Sicherheitskopien anfertigen. Weitere Fragen beantwortet ein gut gegliedertes Handbuch auf 140 Seiten.

Schnell und sicher erfolgt der „Backup“ durch direkten Zugriff auf den Arbeitsspeicher und gleichzeitiges Beschreiben der Disketten. Nach der Auswahl der zu sichernden Dateien und Verzeichnisse berechnet Norton Backup die Anzahl der benötigten Floppys und den Zeitaufwand. Leicht verunsichert wird der Anwender möglicherweise durch die Warnlampe des Laufwerkes, die – Zeit ist Geld – gleich gar nicht mehr ausgeschaltet wird.

Statt unsäglichen Parametern, die den altbackenen DOS-Befehlen „Backup“ und „Restore“ hinzuzufügen sind, kann der „User“ menügesteuert und mausunterstützt sein eigenes Backup-Rezept erstellen. Drei Benutzerebenen, fünf verschiedene Arten von Backups und mehrere sinnvolle Optionen wie Datenkompression und -verifizierung können kombiniert werden mit der Auswahl einzelner Dateien, Verzeichnisse oder Dateitypen.

Dies und die Möglichkeit, verschiedene frei definierte Sicherungsstrategien abzuspeichern und in Makros zusammenzufassen, machen das Norton Backup zum derzeit besten Programm seiner Klasse. Zu bemängeln wäre allenfalls der hohe Preis von 399 Mark, eine Investition, die sich erst nach der Rettung verlorengeglaubter Daten bezahlt machen dürfte.

„Norton Backup 1.1“ für IBM-PC und Kompatible. Markt und Technik Verlag AG, 8013 Haar bei München.

(erschienen in „DIE WELT“ 28. März 1991)

Was wurde daraus? Endlich ´mal ein Programm, das nicht an Altersschwäche gestorben ist! Stattdessen gibt es eine ganze Produktfamilie, die neben dem Backup in der Cloud auch gleich Schutz vor Viren bietet, die Passwörter verwaltet und andere komfortable Optionen bietet – und das wahlweise für 1 bis 10 Geräte, wie hier bei Amazon.

Software-Test PC-File:dB

Ein hervorragendes Preis/Leistungs-Verhältnis bietet PC-File:dB, ein Datenbankprogramm in englischer Sprache. Die beiden leicht verständlichen und gut geschriebenen Handbücher helfen, die Sprachbarriere zu überwinden. Die kontextabhängige Hilfsfunktion und der zuschaltbare „Lehrmodus“ erleichtern den Einstieg.

PC-File überrascht den Anwender mit einer Vielzahl an Funktionen und pfiffigen Ideen. Dabei begnügt sich das Programm mit 416 KB RAM und knapp einem Megabyte an Speicherplatz. Das „dB“ im Namen weist darauf hin, dass die erzeugten Dateien voll kompatibel mit dem Standardformat dBase sind. Umgekehrt kann PC-File diese Dateien auch ohne weiteres lesen und bearbeiten. Der reibungslose Datenaustausch mit anderen Programmen ist damit sichergestellt.

Die Dateneingabe erfolgt in Standardtabellen oder in frei gestaltete Masken. Auf Knopfdruck werden ganze Datensätze oder einzelne Felder dupliziert. Felder können automatisch (z.B mit dem aktuellen Datum) gefüllt werden oder konstante Werte aufweisen, die aus anderen Tabellen importiert werden. Diese Möglichkeiten ersparen viel Schreibarbeit. Bis zu zehn Indexfelder pro Datei erlauben die schnelle Suche nach Informationen – auch ähnlich lautende Begriffe werden dabei gefunden.

Beim Sortieren hat Autor Jim Button ebenfalls weiter gedacht. Wer schon einmal eine Adressenliste nach Geburtstagen ordnen wollte, kennt das Problem: Die ältesten Freunde stehen oben, weil sich das Geburtsjahr nicht ignorieren lässt. PC-File schafft hier Abhilfe, erkennt außerdem auch römische Zahlen oder mischt eine Startliste mit Hilfe des Zufallgenerators.

Für die Erstellung von Serienbriefen steht ein eigener Editor zur Verfügung, ein Zusatzprogramm erlaubt den Ausdruck von Adressaufklebern. 22 Makros pro Datei sind möglich und als Zugabe erstellt PC-File auch noch Graphiken, einschließlich Logarithmusskala und Regressionsgeraden.

PC-File:dB 1.0″; ButtonWare, Inc., P.O. Box 96058, Bellevue, WA 98009, USA; für IBM PC und PS/2 Computer und Kompatible; 89,95 Dollar.

(Offenbar unveröffentlichter Text aus dem Jahr 1990)

Software-Test Norton Commander

Der Norton Commander in der Version 3.0 gehört zu den Programmen, die sich ganz auf das Management von DOS-Dateien spezialisiert haben. In den fortschrittlichen Pull-Down-Menüs, die sich auch mit der Maus steuern lassen, kann der Benutzer zwei Fenster ganz nach dem eigenen Geschmack einrichten; das gilt dank des knapp und verständlich gehaltenen Handbuches auch für Anfänger. Verzeichnisbaum links, die Dateien im Laufwerk rechts oder dazu lieber den Dateibetrachter; der „Commander“ unterwirft sich in der Darstellungsweise völlig den Bedürfnissen des Users.

Der Dateibetrachter ist dabei besonders zu würdigen, denn er erlaubt es, Fremddateien (zum Beispiel dBase, Word oder Quattro) zu lesen, ohne die zugehörigen Anwenderprogramme zu starten. Die 22 „Viewer“ machen dadurch alle gängigen Dateiformate schnell zugänglich. Ist man erst einmal über seine Dateien im Bilde, lassen sich diese beliebig hin und her kopieren, umbenennen, löschen oder editieren, um nur einige ausgewählte Möglichkeiten zu nennen. Das Unterprogramm „Commander Lin“ sorgt über die serielle Schnittstelle für Zugriff auch auf die Daten anderer PCs oder des Laptops. Die Möglichkeit, eigene Menüs zu definieren, ist wie alle eingebauten Zugaben gut durchdacht und funktioniert reibungslos.

Keine Rose ohne Dornen; das gilt leider auch für dieses High-End-Programm: So können zwar Dateien, Briefe, Telexe und sogar Fax-Mitteilungen theoretisch mit dem „Commander Mail“ ausgetauscht werden, dafür ist aber ein MCI-Fach nötig; und wer hat das schon? Eine Schutzfunktion, die das Ausbrennen des Bildschirms verhindern soll, funktioniert nur, solange der „Commander“ aktiv ist, schon das eigene Menü auf dem Bildschirm macht diese Zugabe wertlos. Bedenkt man dazu noch die Tatsache, dass dieser Dateimanager zur obersten Preisklasse gehört, so kommt der „Commander“ sicher nur für einen eher kleinen Kreis von Anwendern in Frage. Si.

„Norton Commander 3.0”, Peter Norton Computing, Friedrich-Ebert-Str. 79, 4220 Dinslaken. Für IBM-PC und Kompatible, 399 Mark.

(erschienen in der WELT am 17. Dezember 1990)

Was ist daraus geworden? Noch heute basieren die meisten Dateimanger auf dem hier vorgestellten 2-Fenster-Prinzip. Unter dem neuen Besitzer Symantec hat der NC sich trotzdem nur bis Mitte der 1990er Jahre und bis zur Version 5.51 halten können, denn die Konkurrenz bot einfach mehr Funktionalität und/oder einen besseren Preis. Nostalgiker finden die Version 3.0 aber noch zusammen mit vielen anderen Klassikern auf der Plattform WinWorld.

Software-Test Turbo-Anti-Virus

Computer-Viren sind kleine Programme, die sich selbständig an andere Dateien anhängen. So getarnt können sie Daten zerstören und die Leistung des PCs vermindern. Ein vollständiger Schutz vor den heimtückischen „Erregern“ wird wohl niemals möglich sein, doch verleiht das Programm Turbo-Anti-Virus ein Höchstmaß an Sicherheit.

Schon vor der Installation wird der Arbeitsspeicher überprüft, dann auf Wunsch veranlasst, dass bei jedem Anschalten des Computers die wichtigsten Speicherbereiche auf Viren durchsucht und gegebenenfalls gereinigt werden. Weitere Wächterprogramme lassen sich automatisch in den Arbeitsspeicher (RAM) laden und schlagen dann Alarm, wenn während der Arbeit verdächtige Aktivitäten festgestellt werden.

Das Hauptprogramm schließlich präsentiert sich mit einer benutzerfreundlichen Oberfläche samt Pull-Down Menüs und erkennt in der getesteten Version 187 Viren. Der Prüfbereich kann frei definiert werden, auf Wunsch wird ein Bericht erstellt, an dem sich das Ausmaß der Verseuchung und die Zahl der gefangenen Viren ablesen lässt. Besonders wertvolle Dateien können in einer Prüfliste zusammengestellt werden, so dass jede Veränderung sofort angezeigt wird. Das deutschsprachige Handbuch ist kurz gehalten, aber ausreichend.

Richtig spannend ist die Übersicht der verschiedenen Viren, in der hunderte von Gemeinheiten und Programmierkniffs aufgezählt werden. Nicht nur Freitag der Dreizehnte, auch Dienstag der Erste kann demnach gefährlich sein, ebenso wie Oropax-, MachoSoft- und Data Crime Virus, um nur einige zu nennen. Für den Einsatz auf PCs mit häufig wechselndem Diskettenverkehr ist diese Software daher uneingeschränkt zu empfehlen.

„Turbo-Anti-Virus“ von EPG, Hans-Stießberger-Str. 3, 8013 Haar. Für IBM-PC und kompatible, 299 Mark. Die Firma EPG hat sich 1998 vom Anti-Virus-markt zurückgezogen.

(erschienen in der WELT am 2. November 1990. Aktualisiert am 1. Mai 2017)

Software-Test MS-Works 2.0

Ein ganzes Paket sinnvoller Programme erhält der Anwender beim Kauf von Works 2.0 aus dem Hause Microsoft. Hier finden sich vier der häufigsten Anwendungen unter einer wirklich ansehnlichen Benutzeroberfläche. Aus dem Hauptmenü heraus kann – per Tastatur oder mit der Maus – zwischen Textverarbeitung, Datenbankanwendungen, Tabellenkalkulation oder dem elektronischen Datentransfer gewählt werden.

Durch gleichlautende Befehle in den verschiedenen Programmteilen wird die Einarbeitungszeit verkürzt, ein nicht zu unterschätzender Vorteil integrierter Pakete gegenüber einer Handvoll individueller Programme. Daten aus einem Programmbereich lassen sich sinnigerweise in eine andere Anwendung übernehmen. Das ist besonders dann praktisch, wenn Grafiken oder Teile einer Tabellenkalkulation in einen Text integriert werden sollen. Das Ergebnis lässt sich mit einer Seitenvorschau überprüfen, die allerdings nicht in der Lage ist, Ausschnittvergrößerungen zu liefern oder aufeinander folgende Seiten darzustellen.

Wird eine Tabelle mit neuen Zahlen aktualisiert, so berücksichtigt Works die Änderungen auf zugehörige Grafiken und bringt diese vor dem Ausdruck auf den neuesten Stand. Bei der Tabellenkalkulation sind vor allem die Finanzfunktionen zu erwähnen, Naturwissenschaftler werden dagegen stiefmütterlich behandelt.

Den Einstieg in das Paket erleichtert ein hervorragendes Lernprogramm, die Übersichtlichkeit des Handbuches bleibt dahinter leider etwas zurück. Ein kleiner Taschenrechner und ein Terminkalenderchen sind keine große Arbeitshilfe: Manchmal ist weniger mehr.

Die Bildschirmdarstellung kann zwischen Text- und Grafikmodus umgeschaltet werden, wobei im Grafikmodus von den Besitzern XT-kompatibler Rechner einiges an Geduld verlangt wird. Dafür begnügt sich Works aber mit 512 KB Arbeitsspeicher und kommt auch ohne Festplatte aus. Alles in allem ist das Programm eine verhältnismäßig preiswerte Lösung für diejenigen Anwender, welche nicht auf die teuren Details der „großen“ Programme angewiesen sind.

„MS-Works 2.0“, Microsoft GmbH, für IBM-Computer und Kompatible, 799 Mark.

(erschienen in der WELT am 23. Oktober 1990. Letzte Aktualisierung 16. April 2017)

Was ist daraus geworden? Als Light-Version seiner größeren Office-Pakete hat Microsoft das Programm Works bis zum Jahr 2008 beibehalten; die letzte Version 9 gibt es immer noch bei Amazon zu kaufen. Was in der Zwischenzeit geschah kann man auf der Wikipedia nachlesen.

Software-Test WordPerfect 5.1

Stark verbessert gegenüber dem Vorläufer präsentiert sich WordPerfect 5.1 als professionelles Textverarbeitungsprogramm. Die Installation des Paketes (elf Disketten á 360 KB) ist einfach, die Dokumentation mit rund 1800 Seiten umfangreich.

Obwohl WordPerfect über eine Fülle von Funktionen verfügt, begnügt sich das Programm mit 384-KB-Arbeitsspeicher und kann auch noch von (720-KB-)Disketten betrieben werden. Die Hilfefunktion ist erstmals kontextsensitiv; die wichtigste Neuerung aber besteht in Pull-Down-Menüs, die auch mit der Maus angesteuert werden können. So wird dem Benutzer die verquaste Funktionsauswahl über F-Tasten erspart.

Was die Qualität des Ausdruckes anbelangt, überzeugt WordPerfect hundertprozentig. Wichtig besonders für Wissenschaftler: Ein Formeleditor steht zur Verfügung, mit dem mehr als 1500 Zeichen dargestellt und in Spitzenqualität ausgedruckt werden können. Natürlich bietet WordPerfect erweiterten Komfort, wie man ihn bei dieser Preisklasse erwarten darf. Hier sind die gelungene Druckvorherschau, Makroeditor, Rechtschreibprüfung und Synonymwörterbuch zu nennen.

Schön, dass Grafiken problemlos in den Text integriert werden können. Für die Praxis ist dies allerdings weniger wichtig als eine hervorragende, frei programmierbare Mischfunktion zum Verfassen von Serienbriefen und Listen. Zeitsparend ist auch die Verknüpfung von Text und Tabellenkalkulation: Tabellen aus Lotus 1-2-3, MS-Excel, Symphony, Quattro und PlanPerfect können in den Text integriert und vor dem Ausdruck automatisch neu berechnet werden. Die Kommunikation mit anderen Schreibprogrammen dagegen ist beschränkt auf DOS-Textdateien.

WordPerfect 5.1, WordPerfect GmbH; für IBM-PC/XT, IBM-PC/AT und PS/2-Computer und Kompatible; 1812,60 DM

(erschienen in der WELT am 10. September 1990)

Was ist daraus geworden? Die ehemalige Nummer 1 unter den Textverarbeitungen ist heute – zumindest am Umsatz gemessen – gegenüber Microsofts Word klar im Nachteil. WordPerfect wurde jedoch konsequent gepflegt und weiterentwickelt, sodass zumindest die aktuelle englischsprachige Version heute über viele Funktionen verfügt, die dem Konkurrenzproduckt fehlen.

Software-Test Quattro Pro

Die Berechnung und Analyse großer Datenmengen bewältigt Quattro Pro von Borland. Das Programm verbindet Tabellenkalkulation und Präsentationsgrafik in vorbildlicher Weise. Dabei kann der erstaunliche Leistungsumfang bereits ab 512 KB RAM genutzt werden – Festplatte vorausgesetzt.

Eine hervorragend gestaltete Benutzeroberfläche mit Pull-Down-Menüs, Fenstertechnik und Mausunterstützung sowie eine sorgfältige und umfangreiche Dokumentation erleichtern den Zugang auch zu gehobenen Funktionen. Beim Rechnen glänzt Quattro Pro vor allem bei den mathematischen und Finanzierungsfunktionen.

Matrizenberechnungen, Regressionsanalysen und lineares Optimieren sind möglich, die Eingabe der jeweiligen Formeln wird durch die ausgeklügelten Menüs erheblich erleichtert. Bis zu 64 Dateien können miteinander verknüpft werden, auf Wunsch holt sich das Programm weitere Informationen direkt aus den Datenbanken Paradox, Reflex und dBase.

Die Grafiken – zehn verschiedene Typen sind möglich – können in die Arbeitsblätter integriert und durch Verknüpfung mit den zugehörigen Daten ständig aktuell gehalten werden. Auch wer gesteigerten Wert auf die Präsentation seiner Daten legt, ist mit Quattro Pro gut beraten. Denn die erstellten Grafiken können auf einem „Zeichenbrett“ weiterbearbeitet werden.

Zusätzlich zu Hunderten von Schriftarten werden 3-D-Effekte, Füllmuster, Pfeile, Rasterlinien und Schattierungen sowie geometrische Elemente unterstützt. Eine Bildschirmvoranzeige mit Zoomfunktion gibt einen Vorgeschmack dessen, was Quattro Pro zu Papier bringt: Die Qualität der Ausdrucke ist nämlich schon mit einem 24-Nadel-Drucker bestechend.

Quattro Pro, Borland GmbH; für IBM-Computer und Kompatible; bis 30.9. 282,72 DM, dann 1482 DM.

(erschienen in der WELT vom 4. September 1990)

Was ist daraus geworden? Noch so ein Programm, das einstmals führend war und sich doch nicht durchsetzen konnte. Quattro Pro war einst nicht nur preiswerter, sondern auch besser als Excel. Inzwischen wurde die Software jedoch an Corel verkauft und fristet nun laut Wikipedia nur noch ein Schattendasein in deren Office-Packet.