Der Test einer Fachzeitschrift bestätigt die eigenen Erfahrungen und ist für mich Anlaß zu einer Abrechnung mit der Computer-Branche, deren unausgereifte Produkte mich gefühlt mehrere Jahre meines Lebens gekostet haben. Wer glaubt, dass früher alles besser war, ist offenbar zu jung, um jemals einen Drucktreiber von Hand installiert zu haben…

Fast jeder Computerneuling stellt sich vor dem ersten Schritt ins elektronische Zeitalter die gleiche Frage: Warum kostet Gerät A nur 2000 Mark, Gerät B aber mehr als das Doppelte – bei gleichen technischen Daten?

Meist wird der Anfänger dann belehrt, daß man bei B ja gleich noch die Sicherheit einer großen Marke mitgeliefert bekomme. “Wenn da mal ‚was schiefläuft, können Sie sich voll und ganz auf den erstklassigen Kundenservice verlassen“, lautet eine der häufigsten Lügen in der Branche.

Die Wahrheit sieht dagegen ganz anders aus, wie die Fachzeitschrift PC Professionell in einem aufwendigen Werkstattest herausfand. Die Bilanz der Prüfer: Service ist Glückssache. Wer bisher glaubte, bei Edelmarken wie IBM und Compaq in jedem Fall besser aufgehoben zu sein als bei den Billiganbietern Vobis und Escom, wird seine Meinung ändern müssen.

Genauso falsch ist allerdings der Umkehrschluß, wonach die höchste Qualität und der beste Service ausgerechnet bei den Handelsketten mit den niedrigsten Preisen zu finden wären. Die für die Branche wenig schmeichelhafte Conclusio lautet vielmehr, daß die wenigsten Firmen halten, was sie versprechen.

In Frankfurt, Köln und München fühlten die Tester, getarnt als Geschäftskunden mit bescheidenen PC-Kenntnissen, jeweils einer Niederlassung der genannten Firmen auf den Zahn. Die Qualität der Beratung schwankte dabei auch bei Vertretern des gleichen Anbieters zwischen exzellent und nicht existent.

Nur wenige Verkäufer waren in der Lage, kaufmännisches Know-how mit soliden Fachkenntnissen zu verbinden. Bei den Discountern waren die PC-Profis in der Überzahl, bei den Edelmarken eher die geschulten Verkäufer. Auch der telefonische Beratungsdienst, die sogenannte Hotline, erwies sich meist als wenig hilfreich. Im Test waren – vorwiegend bei Billiganbietern – manchmal 50 Versuche erforderlich, um überhaupt einen Gesprächspartner ans Telefon zu bekommen.

Mit den relativ einfachen Problemen, welche die Tester dann schilderten, waren wiederum die meisten Kundenberater überfordert. Die Verluste, welche in der Geschäftswelt durch diese haarsträubenden Zustände entstehen, sind kaum zu beziffern.

Zu allem Übel ist das Problem nicht auf Verkauf und Service begrenzt. Immer wieder werden Computerprogramme auf den Markt geworfen, bei denen offensichtlich mehr Geld für das Marketing als für die eigentliche Entwicklung ausgegeben wurde. Software, die nach x-facher Ankündigung mit teilweise jahrelanger Verspätung in den Fachhandel kommt, weist allzu oft gravierende Mängel auf. Da kann es dann schon mal passieren, daß man steckenbleibt, weil eine bestimmte Tastenkombination dem Textprogramm nicht gefällt. „Er hat sich aufgehängt“, diagnostiziert der Insider und freut sich, wenn seine Daten nach solch einem Systemabsturz noch zu retten sind.

Auch ein intensives Studium der gängigen Computerzeitschriften schützt nicht immer vor bösen Überraschungen. Viele Programme vertragen sich nämlich nicht miteinander. Der Anwender muß sich dann entscheiden, ob er beispielsweise Wert legt auf einen allzeit bereiten elektronischen Terminkalender, oder ob er lieber ein Virenschutzprogramm in den Speicher lädt. So geschieht es nicht selten, daß ein System, welches jahrelang reibungslos funktionierte, seinen Dienst verweigert, sobald ein neues Programm hinzugefügt wird.

Obwohl sicherlich auch beim Kauf einer Kamera oder einer Stereoanlage gewisse Vorkenntnisse von Nutzen sind, befindet sich der Computerneuling doch in einer besonders mißlichen Lage: Wie das Gerät funktioniert oder warum es im Zweifelsfall nicht funktioniert, das muß er schon selbst wissen.

(erschienen in der CEBIT-Beilage „DIE WELT“ am 24. März 1993 )