Trotz gewaltiger Anstrengungen scheint Saddam Hussein nicht in der Lage zu sein, eigene Kernwaffen herzustellen. Nicht nur die Kontrollen der Internationalen Atomenergie-Organisation und die Aktivitäten des UN-Sicherheitsrates versperren dem Diktator den Weg zur Bombe; auch die technischen Schwierigkeiten sind nicht zu unterschätzen.

Zu diesem Urteil kommt Joachim Fechner, der im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zuständig ist für die Sicherung kerntechnischer Anlagen. Fechner verweist Zeitungsmeldungen, nach denen Studenten aus öffentlich zugänglicher Literatur eine funktionsfähige Atombombe bauen könnten, in das Reich der Fantasie: „Hierbei handelt es sich nicht um eine Atombombe, vielmehr um eine kritische Anordnung spaltfähigen Materials. Damit können Sie keine Kettenreaktion aufrechterhalten, allenfalls Neutronenstrahlung erzeugen, die im Umkreis von bis zu 100 Metern tödlich wirkt.“

Für den Bau einer Atombombe werden theoretisch „nur“ zehn Kilogramm Plutonium oder angereichertes Uran benötigt. Dank eines geheimgehaltenen „Forschungsreaktors“ besitzt der Irak vermutlich jetzt schon 25 bis 40 Kilogramm. Die Anreicherung des Urans könnte mit Tausenden simpler Gaszentrifugen erfolgt sein und eine Reinheit von bis zu 90 Prozent erbracht haben – nicht „ideal“, aber ausreichend für den Bau einer Atombombe.

Allerdings bezweifelt der Sicherheitsexperte, daß im Irak genug „hochkarätiger Sachverstand“ vorhanden ist, um eine Bombe zu zünden. Das spaltbare Material muß dazu nämlich innerhalb von millionstel Sekunden gleichmäßig verdichtet werden, da sonst die atomare Kettenreaktion wieder abbricht. „Dies ist die eigentliche Schwierigkeit; die dafür nötigen Daten sind auch niemals veröffentlicht worden“, so Fechner.

(erschienen auf Seite 1 in „DIE WELT“ am 17. Juli 1991)