Mit einem Büstenhalter voll moderner Messelektronik soll das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, ermittelt werden. Der von dem Pathologieprofessor Hugh Simpson an der Universität Glasgow entwickelte BH verfügt über 16 Temperaturfühler, die ihre Messungen im Abstand von 64 Sekunden vornehmen. Bis zu 4000 Messwerte können gespeichert und zur Auswertung direkt in einen Computer eingespeist werden.

Simpson und sein Kollege Keith Griffiths vom Tenovus Institut in Cardiff werteten die Temperaturschwankungen in der Brust während des weiblichen Zyklus aus, die bei 15 Probandinnen ermittelt wurden. Gemäß den Vorhersagen der Forscher hatten vorbelastete Frauen, denen bereits einmal Krebsgewebe entfernt worden war, eine Temperaturkurve, die sich deutlich von der unbelasteter Probandinnen unterschied.

Bei Frauen, die keiner Risikogruppe angehören, ändert sich demnach die Brusttemperatur mit der Menge des Schwangerschaftshormons Progesteron im Blut. Dies führt dazu, dass die Brüste ihre höchste Temperatur vier Tage nach dem Hormonmaximum erreichen. In den vorbelasteten Frauen allerdings war dieser Zusammenhang zwischen Hormonzyklus und Brusttemperatur verloren gegangen.

Simpson und Griffiths halten es für möglich, dass ihre Erfindung Frauen mit erhöhtem Krebsrisiko schon Jahre vor der Entwicklung einer Geschwulst erkennen kann. Allerdings dämpften die Forscher allzu hohe Erwartungen mit dem Hinweis, dass die bisherigen Erkenntnisse noch durch weitere Forschungen bestätigt werden müssen.

(erschienen in der WELT vom 24. Juni 1990)

Quelle: Vines, G: Bra measures younger women’s risk of cancer. New Scientist, 17. März 1990