Thiaziddiuretika und Betarezeptorenblocker gelten für viele Fachleute als Mittel der ersten Wahl zur Behandlung einer Hypertonie, obwohl das derzeit gültige Therapieschema der Deutschen Hochdruckliga auf der ersten Stufe ACE-Hemmer und Kalziumantagonisten als gleichwertige Medikamentengruppen empfiehlt. Einen Vergleich über die antihypertensive Wirksamkeit, Verträglichkeit und Nebenwirkungsrate des Kalziumantagonisten Verapamil (Isoptin®, Knoll AG) mit dem Thiaziddiuretikum Hydrochlorothiazid lieferte eine Langzeitstudie, die im Mittelpunkt eines Symposiums stand, das Anfang Mai am Rande der 3. Nationalen Blutdruck-Konferenz in Heidelberg stattfand. Organisator der Veranstaltung war die Kybermed GmbH, Emsdetten, industrieller Sponsor die Knoll AG, Ludwigshafen.

Die „VERDI“-(Verapamil versus Diuretikum)-Studie, bereits 1989 veröffentlicht, hatte eine Laufzeit von 48 Wochen und war als randomisierte, multizentrische (zehn Kliniken, zehn Praxen) Doppelblindstudie angelegt. Für 369 Patienten mit leichter bis mittelschwerer Hypertonie (95-120 mm Hg diastolisch) wurde als Endpunkt eine Blutdrucksenkung unter 90 mm Hg festgelegt, die durch mehrmalige Messung mit einem automatischen Blutdruckmeßgerät zu bestätigen war.

Wie Prof. Dr. Th. Phillipp von der Abteilung für Nieren- und Hochdruckkranke der Universitätsklinik Essen erläuterte, wurde die Behandlung mit 12,5 mg Hydrochlorothiazid oder 120 mg Verapamil in Retardzubereitung täglich eingeleitet. Bei Nichterreichen des Endpunktes nach vier Wochen wurden die Dosen verdoppelt, nach sechs Wochen vervierfacht.

Für Patienten, bei denen die Monotherapie nach acht Wochen keinen Erfolg zeigte, wurde eine Kombinationstherapie aus Hydrochlorothiazid (25 mg) und Verapamil (240 mg) eingeleitet, deren Dosen gegebenenfalls nochmals verdoppelt wurden. Therapieversager waren solche Patienten, die auch nach zwei Wochen auf der höchsten Dosisstufe das Endziel nicht erreicht hatten. Weitere Gründe für einen Therapieabbruch waren außer organisatorischen Gründen ein Anstieg des diastolischen Blutdruckes auf über 120 mm Hg sowie schwere Nebenwirkungen.

In der Monotherapie erreichten 42 von 169 Patienten (25 Prozent) unter Hydrochlorothiazid und 73 von 163 Patienten unter Verapamil (45 Prozent) den Zielblutdruck. Dabei erwies sich Verapamil in allen Dosisstufen als signifikant wirksamer als Hydrochlorothiazid. Die Gesamterfolgsrate unter Mono- und Kombinationstherapie war mit rund sechzig Prozent in beiden Gruppen nahezu identisch, da sich in der Kombinationstherapie bei Addition von Verapamil zu Hydrochlorothiazid größere Responderraten ergaben als bei der Zugabe von Hydrochlorothiazid zu Verapamil.

Wie B. Bürkle, Medizinische Poliklinik der Universität München, berichtete, ergab die EKG-Auswertung für Verapamil eine signifikante Reduktion der Herzfrequenz. Prof. Dr. A. Distler vom Berliner Universitätsklinikum Steglitz glaubt, dass sich trotz der vorgelegten Daten aus der VERDI-Studie keine unmittelbaren Konsequenzen für die Therapieempfehlungen ergeben werden, da für Kalziumantagonisten entsprechende Daten über Morbidität und Mortalität weiterhin fehlen.

Die Studiengruppe bezweifelt jedoch, ob die Gleichstellung von Diuretika, Betablockern, ACE-Hemmern und Kalziumantagonisten angesichts der erzielten Ergebnisse weiterhin berechtigt sei. Eine weitere große Untersuchung (HANE-Studie mit Hydrochlorothiazid, Atenolol, Nitrendipin und Enalapril), die bereits angelaufen ist, soll mehr Klarheit schaffen.

(erschienen in Deutsches Ärzteblatt am 6. August 1990. Letzte Aktualisierung am 17.3.2017)

Originalpublikationen: Holzgreve H, Distler A, Michaelis J, Philipp T, Wellek S. Verapamil versus hydrochlorothiazide in the treatment of hypertension: results of long term double blind comparative trial. Verapamil versus Diuretic (VERDI) Trial Research Group. BMJ : British Medical Journal. 1989;299(6704):881-886.

Philipp T, Anlauf M, Distler A, Holzgreve H, Michaelis J, Wellek S. Randomised, double blind, multicentre comparison of hydrochlorothiazide, atenolol, nitrendipine, and enalapril in antihypertensive treatment: results of the HANE study. HANE Trial Research Group. BMJ. 1997 Jul 19;315(7101):154-9.

Was ist daraus geworden? Diesen Artikel habe ich nur der Vollständigkeit halber auf meine Webseite genommen, und den Link zur mittlerweile veröffentlichten HANE-Studie ergänzt. Bluthochdruck war nie eines meiner Spezialgebiete, und mir fehlt die Muße, hierzu einen Überblick zu recherchieren. Am besten, Sie fragen Ihren Arzt oder Apotheker 😉