Erstmalig ist es Wissenschaftlern des Supercomputer Centers in Pittsburgh gelungen, eine Verbindung zwischen einem „herkömmlichen“ und einem parallelen Superrechner herzustellen. Obwohl beide Elektronenhirne – ein Cray Y-MP und die Connection Machine am Massachusetts Institute of Technology – nach völlig verschiedenen Prinzipien arbeiten, gelang es, bis zu 250 Millionen Zeichen pro Sekunde zwischen den beiden Maschinen auszutauschen.

Der Cray-Computer arbeitet sequenziell, das heißt sämtliche Rechenaufgaben werden nacheinander erledigt, wenn auch mit atemberaubender Geschwindigkeit. Diese serielle Arbeitsweise läßt sich mit einem Bauvorhaben vergleichen, bei dem ein einziger Arbeiter alle Tätigkeiten allein – und das heißt nacheinander – verrichtet.

Dagegen ist die Connection Machine der zurzeit fortschrittlichste parallele Computer. Um bei obigem Beispiel zu bleiben, wird die Aufgabe hier auf viele einzelne Arbeiter verteilt, die gleichzeitig, aber in Absprache miteinander, verschiedene Aufgaben wie Gerüstbau, Mauerbau und Installation erledigen.

Insgesamt sind in der Connection Machine 65.536 einzelne „Arbeiter“ (Prozessoren) zugange, die miteinander in Verbindung stehen und gleichzeitig an verschiedenen Teilaufgaben eines Problems arbeiten. Der futuristisch aussehende Rechner hat die Form eines Würfels mit 1,5 Meter Kantenlänge.

Auf der schwarzglänzenden Oberfläche der Connection Machine zeigen rotglühende Lämpchen den Betriebszustand der einzelnen Chips an und erleichtern so die Fehlersuche. Mehrere Milliarden Befehle können im inneren des schwarzen Kastens in einer Sekunde ausgeführt werden.

Beide Konzepte haben Vor- und Nachteile. So sind serielle Computer, die heute die überwiegende Mehrheit aller Rechner bilden, bei jeder Kalkulation auf das Ergebnis der jeweils vorausgehenden Rechnung angewiesen. Für viele Probleme in der Mathematik oder in den Naturwissenschaften, sei es die Ermittlung der Zahl Pi oder die Berechnung von Wechselwirkungen zwischen Himmelskörpern, ist diese Vorgehensweise sinnvoll. Läßt sich aber ein Problem in mehrere Teile zerlegen, so treten die Vorteile einer parallelen Rechnerarchitektur zutage.

Wenn beispielsweise eine Textstelle in einem umfangreichen Archiv gesucht wird, kann jeder einzelne Prozessor eines parallelen Rechners einen Teil des Archivs durchsuchen, wodurch die Rechenzeit erheblich reduziert wird. Auch die Berechnung von Luft- oder Wasserströmungen eignet sich für die „Parallelisierung“. Probleme gibt es aber noch mit dem Austausch der Daten zwischen den Untereinheiten dieses neuen Rechnertyps.

Auch mangelt es an Experten, die in der Lage sind, Programme für parallele Rechner zu schreiben. Wie die Zeitschrift „Science“ meldet, ist es den Pittsburgher Forschern dennoch gelungen, eine schwierige Aufgabe so zwischen den beiden Elektronengehirnen aufzuteilen, daß jeder Rechner seine Stärken ausspielen konnte. Der erste Benutzer der Hochgeschwindigkeitsverbindung war der Chemieingenieur Gregory McRae, der die optimale Verteilung der Rohstoffe in einer Chemiefabrik herausfinden wollte.

Dank der Gemeinschaftsarbeit von Cray Y-MP und Connection Machine wurde das Problem 40 Mal schneller gelöst als auf einem herkömmlichen Supercomputer. Der Direktor des Rechenzentrums Michael Levine glaubt, daß weitere Anwendungen kurz bevorstehen. Die Arbeitsteilung zwischen seriellen und parallelen Computern könnte zum Beispiel mithelfen, bestehende Klimamodelle zu verfeinern oder die Entschlüsselung der Erbinformation voranzutreiben.

(erschienen in „DIE WELT“ am 23. April 1991)