Bestenfalls lästig und schlimmstenfalls gesundheitsgefährdend können Zecken für den Menschen sein. Wer häufig durch den Wald streift, hat sicher schon mit den kleinen Blutsaugern Bekanntschaft schließen müssen, die sich an der Unterseite von Gräsern, Farnen und niedrigen Sträuchern finden.

Wenn sich die Räuber erst einmal festgebissen haben, droht außer dem penetranten Juckreiz auch noch eine Infektion mit dem schraubenförmigen Bakterium Borrelia burgdorferi. Diese Mikroorganismen werden nämlich mit dem Speichel in die Wunde abgesondert und können eine ernste Krankheit hervorrufen.

Schraubenförmige Bakterien der Art Borrelia burgdorferi sind die Auslöser der Lyme-Borreliose (Foto: CDC via Wikimedia Commons)

Es handelt sich dabei um die Lyme-Borreliose, die weit verbreitet, schwierig zu erkennen und auch nicht immer wirksam zu behandeln ist. Eine Hautrötung, die sich ringförmig um die BisssteIle ausbreitet, ist ein erstes Warnzeichen. Wochen danach kann es zu Fieberschüben, Kopfweh und Gelenkschmerzen kommen; in schweren Fällen können Hirnhautentzündungen resultieren, oder der Erreger kann auf den Herzmuskel übergreifen. Noch nach Jahren kann die Borreliose Schmerzen in Gelenken hervorrufen oder Herzrhythmus-Störungen verursachen.

Untersuchungen an Freiwilligen haben ergeben, dass rund drei Prozent aller Bundesbürger schon einmal eine Borrelien-Infektion durchgemacht haben. Forscher des Max-Planck-Institutes für Immunbiologie in Freiburg gehen deshalb davon aus, dass mancher vermeintliche Rheumatiker in Wahrheit von den Mikroorganismen befallen ist. Unter der Leitung von Dr. Markus Simon befasst sich darum eine eigene Arbeitsgruppe mit dieser Problematik und versucht einen Impfstoff herzustellen, der den Menschen vor der tückischen Krankheit schützen soll.

Wie die Max-Planck-Gesellschaft mitteilte, gelang es Simon und seinem Mitarbeiter Ulrich Scheible nach vierjähriger Forschung, hier einen entscheidenden Schritt voranzukommen. Die Wissenschaftler konnten feststellen, welche Oberflächenstrukturen auf den Borreliose-Erregern eine lohnende Zielscheibe für das Immunsystem darstellen. Aus einer Vielzahl von möglichen Eiweißen gelang es ihnen, zwei Kandidaten zu isolieren, mit denen sich bei Mäusen ein Impfschutz hervorrufen lies.

Da die kleinen Nager gewöhnlich nicht an Borreliose erkranken, musste man auf immundefiziente Mäuse zurückgreifen, denen die weißen Blutzellen fehlen. Antikörper gegen die beiden aussichtsreichen Eiweiße konnten in den immungeschwächten Tieren eine Infektion vermeiden. Beim Menschen ließe sich, wenn alles gutgeht, eine Immunantwort erreichen, indem man die gentechnisch hergestellten Eiweiße verabreicht. Diese harmlosen Bruchstücke würden dann zur Bildung von Antikörpern und spezifischen Immunzellen führen. Bei einem Eindringen der Bakterien in die Wunde könnten diese dann sehr schnell unschädlich gemacht werden.

Ein Impfstoff gegen die Lyme-Borreliose wäre der zweite „Schlag“ gegen Infektionskrankheiten, die durch Zecken übertragen werden: Vor wenigen Jahren gelang es, einen Impfschutz gegen die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) zu entwickeln,

Diese schwere, manchmal tödliche Hirnhautentzündung wird durch ein Virus hervorgerufen. Beide Impfstoffe werden die Zecken zwar auch weiterhin nicht von ihrem blutsaugenden Geschäft abhalten, sie könnten aber dazu führen, dass Menschen dann nicht mehr in Mitleidenschaft gezogen werden.

(erschienen in der WELT vom 2. Oktober 1990. Letzte Aktualisierung 13. April 2017)

Was ist daraus geworden? An diesem Erreger beißen Forscher sich noch immer die Zähne aus. Die Entwicklung eines wirksamen Impfstoffes für Europa sei schwierig, so das Robert-Koch-Institut im Jahr 2007. Vorübergehend war zwar ein Impfstoff in den USA verfügbar, allerdings sind die dortigen Erreger nicht mit denen in Europa identisch und der Hersteller hat sein Produkt laut Wikipedia „aus kommerziellen Gründen“ wieder vom Markt genommen. Auch die Angst, wegen vermeintlicher Nebenwirkungen verklagt zu werden, spielte dabei eine Rolle, suggeriert ein Artikel aus dem „Laborjournal“.  Forscher der Valneva Austria GmbH haben dennoch einen neuen Impfstoffkandidaten entwickelt, und prüfen ihn derzeit in einer Phase I-Studie.