Die minimal-invasive Chirurgie (MIC} gewinnt auch bei Thoraxoperationen zunehmend an Bedeutung. Allerdings sind der Methode bei der Behandlung maligner Lungentumoren Grenzen gesetzt – bei jenen Eingriffen also, die den größten Teil der Thoraxchirurgie ausmachen. Obwohl sämtliche deutschen Spezialkliniken mittlerweile die MIC in ihrem Repertoire haben, schätzt Professor Dr. Joachim Hasse aus Freiburg den Anteil dieses Verfahrens auf weniger als fünf Prozent aller Eingriffe am Brustkorb.

Zu den Domänen der minimalinvasiven Thoraxchirurgie zählen nach den Worten von Hasse derzeit die teilweise oder weitgehende Entfernung des Rippenfells, die Beseitigung von Zysten und kleinen gutartigen Tumoren sowie die Resektion kleiner gutartiger Knoten am äußeren Lungenmantel.

Hasse warnte auf der 22. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie in Bonn vor einer unkritischen Anwendung der MIC, die auch ohne ersichtliche Komplikationen enormen Schaden anrichten könne. Dies gelte vor allem für das Bronchialkarzinom. Allein die offene Thorakotomie ermögliche Radikalität, Festlegung der Resektionsgrenzen und Stadieneinteilung des Bronchialkarzinoms, erklärte Professor Dr. lngolf Vogt-Moykopf von der Heidelberger Thoraxklinik.

Einigkeit herrschte unter den Experten auch darüber, daß die Kosten endoskopischer Eingriffe in der Thoraxchirurgie höher liegen als bei offenen Operationen. Dafür leide der Patient jedoch weniger an postoperativen Schmerzen. Die Traumatisierung von Organen und Strukturen seien verringert, was sich in einer verkürzten Krankheitsdauer niederschlage. Voraussetzung für minimal-invasives Operieren ist nach Ansicht von Hasse die „meisterhafte Beherrschung“ der offenen Thoraxchirurgie, weil bei Komplikationen ein Methodenwechsel jederzeit möglich sein müsse.

(erschienen in der Ärzte-Zeitung am 9. März 1993)