An der Frauenklinik der Universität Bonn steht jetzt ganztägig ein Argon-gepumpter Ringfarbstofflaser für die photodynamische Krebstherapie mit antikörpergebundenen Farbstoffen zur Verfügung. Während in den letzten drei Jahren insgesamt nur 30 Patientinnen von dieser Methode profitieren konnten, hat sich die Behandlungskapazität nunmehr verdreißigfacht.
Wie Professor Dr. Stephan Schmidt am Rande einer Internationalen Konferenz über immunologische Ansätze in der Tumortherapie erläuterte, werden bei dieser innovativen Variante der photodynamischen Therapie sogenannte Photosensitizer an Antikörper gekoppelt und den Patienten etwa drei Tage vor einer Operation injiziert.
Die Antikörper reichern sich im Tumorgewebe an und werden mitsamt den Photosensitizern von den Zellen aufgenommen. Dort binden die Komplexe an Mitochondrien oder andere Organellen. Durch die intraoperative oder auch endoskopische Applikation von Laserlicht werden die Photosensitizer schließlich in toxische Metaboliten überführt; eine gezielte Zerstörung der Tumorzellen ist die Folge.
Zwar ist die Wirksamkeit der konventionellen photodynamischen Therapie an mittlerweile über 3000 Patienten belegt, die dabei als Photosensitizer benutzten Hämatoporphyrin-Derivate (HPD) und Dihämatoporphyrinester (DHE) können jedoch zu Schockreaktionen führen. Wegen der eher unbefriedigenden Tumorselektivität von HPD und DHE führt die Einwirkung von Tageslicht außerdem zur Zerstörung gesunden Gewebes. Die Patienten müssen daher tagelang in verdunkelten Räumen zubringen.
In Zusammenarbeit mit der Klinik für Nuklearmedizin und dem Institut für angewandte Physik hat man dieses Problem auf elegante Weise gelöst: Ein nichttoxischer Farbstoff (Zn(II)-Phtalocyanin) wurde mit einem Antikörper (OC125) gekoppelt, der sich gegen ein ausgewähltes, tumor-assoziertes Antigen richtet. Mit dem aus der Immunpathologie bekannten Biotin-Streptavidin-System zum Nachweis von Antikörpern gelang es der Bonner Arbeitsgruppe, die Effektivität der Koppelung zwischen Farbstoff und Tumorzelle um einen Faktor 100 bis 1000 zu erhöhen.
Damit ist, so Schmidt, die Selektivität gewährleistet und das Ziel einer überwiegenden Tumorzellzerstörung durch Einstrahlung von energiereichem Laserlicht in unschädlichen Wellenlängenbereichen erfüllt. Bei in-vitro Versuchen mit Ovarialkarzinomzellen wurden Devitalisierungsraten von bis zu 90 Prozent erreicht; die Remissionsraten für gynäkologische Tumoren liegen teilweise über 60 Prozent. Prinzipiell ließe sich das Verfahren auf alle Tumoren mit tumor-assozierten Antigenen anwenden, glaubt Schmidt. In Bonn werde das Haupteinsatzgebiet bei Lokalrezidiven des Mammakarzinoms liegen. Mit dem jetzt in Dienst gestellten Laser sei erstmals an einer europäischen Frauenklinik ein routinemäßiger Einsatz der photodynamischen Lasertherapie möglich.
(erschienen in der Ärzte-Zeitung am 9.2.1994)
Was wurde daraus? Bei der Behandlung des Brustkrebs hat diese Methode sich nicht durchsetzen können. Sie kommt aber heute in abgewandelter Form bei bestimmten Krebserkrankungen der Haut zum Einsatz, z.B. der aktinischen Keratose.