Die elegant gestylten Halogenlampen, gestern noch begehrtes Objekt zeitgenössischer Wohnkultur, sind ins Zwielicht geraten. Handfeste Hinweise darauf, daß zumindest ein Teil der vielgepriesenen Lichtspender eine Gefährdung der menschlichen Gesundheit darstellen, haben bereits zur Rücknahme der ersten Typen aus den Verkaufsräumen der Einrichtungshäuser geführt. Unter bestimmten Umständen, so lautet der Verdacht, könnten die Strahler Hautkrebs verursachen.
Wie Professor Erwin Schöpf, Direktor der Universitäts-Hautklinik Freiburg, gegenüber der WELT erklärte, strahlen Halogenlampen nicht nur das gewünschte sichtbare Licht ab, sondern auch einen – unerwünschten – Anteil an kurzweiligem UV-B-Licht. „Dieses Licht ist, wie wir wissen, krebserregend. Auch kleine Mengen UV-B-Licht summieren sich. Die Haut, welche durch Sonneneinstrahlung ohnehin schon stark belastet wird, vergißt diese Einstrahlung niemals.“
Im Unterschied zu normalen Glühbirnen sind Halogenlampen mit Gasen gefüllt, welche die Lichtausbeute deutlich erhöhen. Die kompakte Form gab den Designern neue Impulse; der Markt für die eleganten Strahler wuchs daher in fünf Jahren um über 600 Prozent. Allerdings werden die kleinen Lämpchen beim Betrieb extrem heiß: Um Temperaturen bis zu 250 Grad standhalten zu können, muß Quarzglas verwendet werden, das dann die unerwünschte UV-Strahlung freisetzt.
Professor Schöpf warnt vor übertriebenen Reaktionen: „Die Mengen, die emittiert werden, sind relativ gering. Grundsätzlich sollte man den Lampenherstellern aber nahelegen, Filter einzubauen, um das UV-B-Licht zurückzuhalten.“ Das größte Einrichtungshaus Ikea erklärte auf Anfrage, daß man das Sortiment aufgrund der Hinweise durchforstet habe. Bedenkliche Typen seien dann durch den Einbau von Lichtfiltern „entschärft“ worden. Dort wo dies aus technischen Gründen nicht möglich war, habe man sich entschlossen, die entsprechenden Fabrikate aus dem Angebot zu nehmen. Insgesamt 23 verschiedene Strahler waren im Stockholmer Institut für Strahlenhygiene auf ihren Anteil an UV-Strahlen untersucht worden.
Mittlerweile wurden auch in Deutschland erste Untersuchungen angestellt. Dr. Manfred Steinmetz von der Bundesanstalt für Strahlenschutz in Neuherberg bei München verweist darauf, daß hierzulande noch keine Richtlinien für die zulässige Strahlenbelastung durch Halogenlampen existieren. Der Fachreferent für nichtionisierende Strahlen hat eine ganze Reihe von Geräten verschiedener Hersteller getestet.
Als problematisch erwies sich dabei ein bestimmter Typ von Halogenleuchten, nämlich „nackte“ Schreibtischlampen die zwischen 20 und 50 Watt an Energie verstrahlen und keine Glasabdeckung besitzen. „Zwei Drittel der getesteten Strahler überschreiten den von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Richtwert.“
Dieser Richtwert bezieht sich auf eine langfristige Belastung der besonders empfindlichen Organe Haut und Auge. Sie werden durch die harte, kurzweilige Strahlung im UV-B-Bereich besonders belastet. „Wenn ein Käufer Halogenlampen erwirbt, dann will er diese nicht als UV-Strahler benutzen“, kritisiert Steinmetz.
Besonders problematisch sei diese Strahlung für lichtempfindliche (photosensibilisierte) Personen. Für längere Arbeiten am Schreibtisch seien diese Lampen ungeeignet, es sei denn man würde schützende Filter vorschalten. Auch beim Einsatz als Leselampe empfiehlt das Bundesamt Strahlenschutz einen „Sicherheitsabstand“ von einem Meter.
Ein Normierungsausschuß der Industrie, die AG Lumex, hat sich zwischen darauf geeinigt, den Einbau von Abdeckungen zwingend vor schreiben, um die Funktion der fraglichen Fabrikate wieder auf die Beleuchtung einzuschränken. „Zu allgemeiner Panik gibt es keinen Anlaß betont Steinmetz, „dennoch empfehlen wir entsprechende Warnhinweise auf Halogenlampen.“ Unbedenklich sind übrigens nach Meinung der Experten Halogenlampen im Straßenverkehr, als Deckenstrahler oder als Effektlampen, beispielsweise in Vitrinen.
(erschienen in „DIE WELT“ am 7. Juni 1991, und in französischer Übersetzung am 30. Juni 1991 in „La Tribune d´Allemagne)