So viele gute Vorsätze, so viele tolle Entdeckungen aus Medizin und Wissenschaft – und so wenig Zeit, dies alles in ausführlichen Artikeln aufzuschreiben und zu vermarkten. Nachdem ich wöchentliche Meldungen nicht hin gekriegt habe (die Konjunktur zieht an und ich habe – juchuu! – wieder einen Schreibtisch voller anständig bezahlter Aufträge), werden auf Simmformation.de künftig monatlich Kurzmeldungen unter der Kategorie „Fundstücke“ erscheinen. Sehen Sie es als einen weiteren bescheidenen Versuch, die Spreu vom Weizen zu trennen, auf wichtige Entwicklungen zu verweisen und Hintergründe sichtbar zu machen. Wo immer möglich gibt es auch Links zu den (meist englischsprachigen) Quellen und Originalpublikationen. „Mini-Meldungen“ von maximal 140 Zeichen können Sie außerdem kostenlos beziehen, wenn Sie mir auf Twitter folgen (siehe rechts).

Das war der Januar 2011:

  • Reha durchs Internet: Patienten mit einem künstlichen Knie erholen sich nach der Operation ebenso gut zuhause mit einem Internet-basierten Rehabilitationsprogramm wie durch eine Physiotherapie in der Klinik, berichtet Trevor Russell von der School of Health and Rehabilitation Science der Universität von Queensland im australischen Brisbane in der Fachzeitschrift Journal of Bone and Joint Surgery. „Das Konzept der Telerehabilitation ist zehn Jahre alt, jedoch gab es bisher kaum ordentliche Studien, die deren Nutzen und Möglichkeiten beweisen“, begründete Russell seine Untersuchung mit 65 Patienten. Nach dem Losprinzip erhielten diese Patienten entweder sechs Wochen lang die übliche Physiotherapie in der Klinik, oder sie sahen die Anweisungen eines Physiotherapeuten daheim mithilfe einer eigens entwickelten Kombination aus PC, Webcam, Spezialmikrofon und der dazugehörigen Software. Am Ende der Studie hatte sich der Gesundheitszustand der Patienten in beiden Gruppe ähnlich gut verbessert. Unter anderem hatten Russell und seine Kollegen dies anhand Tests zur Beweglichkeit, Muskelkraft, Laufgeschwindigkeit und auch der Lebensqualität nachweisen können. Unterm Strich waren die Teilnehmer der Telerehabilitation darüber hinaus mit ihrer Behandlung zufriedener als jene, die eigens in die Klinik kamen. „Sie würden sich wieder dafür entscheiden und diese Methode auch ihren Freunden empfehlen“, sagte Russell. Die spezielle Ausrüstung im Versuch der australischen Wissenschaftler könnte womöglich schon bald durch Programme ersetzt werden, die auch auf gewöhnlichen Multimedia-PCs laufen, erklärte der Gesundheitsforscher. (Quelle: American Academy of Orthopaedic Surgeons via Eurekalert. Originalpublikation hier).
  • Mehr Straßenlärm, mehr Schlaganfälle: Bei Menschen über 65 Jahren steigt das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden mit jeweils 10 Dezibel um 27 Prozent. Dies berichtet eine Arbeitsgruppe um Dr. Mette Sørensen vom Institut für Krebs-Epidemiologie im dänischen Kopenhagen. „Frühere Studien haben eine Beziehung zwischen Straßenlärm, erhöhtem Blutdruck und Herzinfarkten aufgezeigt“, erinnerte Sørensen, „und unsere Studie trägt nun zu den Beweisen bei, dass Straßenlärm eine Vielzahl von Herz-Kreislauferkrankungen verursachen kann.“ Ausgewertet wurden die Daten von mehr als 50000 Dänen, deren Gesundheitsstatus man im Rahmen einer großen Studie über Ernährung, Krebs und Gesundheit gewonnen hatte. Im Verlauf der durchschnittlich zehnjährigen Beobachtungszeit war es in dieser Gruppe zu annähernd 1900 Schlaganfällen gekommen. Ein Vergleich mit dem Geräuschpegel an den Wohnorten der Studienteilnehmern hatte dann gezeigt, dass es mit zunehmendem Straßenlärm mehr Schlaganfälle gegeben hatte. Sørensen fordert deshalb, Menschen besser vor Lärm zu schützen. Zwar räumte Sørensen aber ein, es sei noch nicht nachgewiesen, dass der Lärm tatsächlich die Schlaganfälle verursacht. Wenn man jedoch von einem ursächlichen Zusammenhang ausgeht, wäre Straßenlärm für etwa acht Prozent aller Schlaganfälle verantwortlich und sogar für 19 Prozent aller Hirnschläge bei über 65-Jährigen (Quelle: Pressemitteilung der European Society for Cardiology via Eurekalert. Originalartikel: Road traffic noise and stroke: a prospective cohort study. European Heart Journal. doi:10.1093/eurheartj/ehq466).
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    Kühe tragen womöglich Enzyme in sich, die Biosprit effektiver produzieren könnten

     

    Das Geheimnis des Kuhmagens: Noch ist sie nicht besonders effektiv, die Umwandlung von Pflanzenmasse in Biosprit. Ein Bericht in der Fachzeitschrift Science verheißt jedoch einen großen Schritt nach vorne bei dieser Zukunftstechnologie. Den Schlüssel dazu könnten bislang unbekannte Mikroorganismen und deren Enzyme liefern, die Forscher im Inneren eines Kuhmagens aufgespürt haben. Daraus extrahierten Matthias Hess und seine Kollegen vom Joint Genome Institute, dem Lawrence Berkeley National Laboratory und der UC Berkeley unter anderem das Erbmaterial von 15 Mikroben, die in der freien Natur Biomasse verdauen, die sich bisher aber nicht im Labor züchten ließen. Außerdem puzzelten sie Genfragmente zusammen, welche die Bauanleitungen für zehntausende von Biokatalysatoren darstellen, die Pflanzenmaterial zerlegen (Quelle: Pressemitteilungen der University of Illinois und des DOE/Joint Genome Institute, beide via Eurekalert. Originalartikel: Metagenomic Discovery of Biomass-Degrading Genes and Genomes from Cow Rumen. Science 28 January 2011: Vol. 331 no. 6016 pp. 463-467. DOI: 10.1126/science.1200387).

  • Vitamine nutzlos, Fischöl ebenso. Dies gilt zumindest für Patienten, die einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall erlitten haben. In einer randomisierten Studie französischer Wissenschaftler ergab sich unter 2501 Teilnehmern in vier Gruppen kein Unterschied in der Häufigkeit schwerwiegender kardiovaskulärer Ereignisse. Immer wieder hatten Wissenschaftler in den vergangenen 15 Jahren berichtet, dass Menschen, die mehr B-Vitamine oder Omega-3-Fettsäuren zu sich nehmen, seltener einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall erlitten als der Durchschnitt der Bevölkerung. Auch wusste man bereits, dass schon moderat erhöhte Blutwerte des Stoffwechselproduktes Homocystein mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen einhergehen und dass Nahrungsergänzungsmittel mit Folsäure und Vitamin B12 den Homocystein-Blutspiegel um ein Viertel zu senken vermögen. Die Hoffnung, durch die Gabe von Vitaminen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu verringern, wurde aber inzwischen in neun großen Studien enttäuscht, und Untersuchungen mit Omega-3-Fettsäuren hatten widersprüchliche Ergebnisse erbracht. „Diese Untersuchung bestätigt somit erneut, dass positive Zusammenhänge aus Beobachtungsstudien keine gute Grundlage für Empfehlungen gegenüber den Patienten sind“, warnt Professor Hans-Christoph Diener, Direktor der Neurologischen Universitätsklinik Duisburg-Essen (Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. Originalpublikation hier).
  • Betrug im Gesundheitswesen: 700 Verurteilungen wegen Versicherungsbetrug gab es im vergangenen Jahr im US-amerikanischen Gesundheitswesen. Wenn ich einen Bericht im Deutschen Ärzteblatt richtig interpretiere, erhielt die US-Regierung deswegen im vergangenen Haushaltsjahr vier Milliarden Dollar Entschädigungen von Pharmafirmen, Kliniken, Ärzten und Pflegeheimen, die zumeist die staatliche Krankenversicherung Medicare übers Ohr gehauen hatten. Glaubt man dem republikanischen Abgeordnete Darrell Issa, sind die Betrugsfälle aber nur die Spitze des Eisberges: Der behauptet nämlich, dass jährlich 92 Milliarden Dollar ´draufgehen für die Erstattung von Behandlungen, die gar nicht stattgefunden haben.
  • Hormon stärkt Gedächtnis: Ein neues Ziel für das Gehirndoping haben Wissenschaftler um Christina Alberini an der Mount Sinai School of Medicine in New York ausgemacht. Bei Ratten verbesserte das Eiweiß IGF-II nicht nur die Fähigkeit, Neues zu lernen, sondern die Tiere vergaßen ihre Lektionen auch seltener als unbehandelte Artgenossen. Damit dies funktioniert musste IGF-II allerdings binnen ein bis zwei Wochen nach der Lektion ins Gehirn gespritzt werden oder zeitgleich mit dem Versuch, Gedächtnisinhalte abzurufen, berichtet das Fachmagazin Nature in der Ausgabe vom 27. Januar (Quelle:A critical role for IGF-II in memory consolidation and enhancement, Nature 469, 491–497. doi:10.1038/nature09667. Siehe auch den ausführlicheren Bericht hierzu im Deutschen Ärzteblatt).
  • Globale Erwärmung: 2010 war zusammen mit 2005 das wärmste Jahr seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen. Eine vorläufige Berechnung der US National Oceanic and Atmospheric Administration ergab, dass 2010 um 0,62 Grad Celsius wärmer war, als der Durchschnitt für das 20ste Jahrhundert. Es war außerdem das Jahr mit den bislang größten Niederschlägen.
  • Einzelfall: Tiefe Hirnstimulation senkt therapieresistenten Bluthochdruck (Quelle: Patel NK et al. Deep brain stimulation relieves refractory hypertension. Neurology. 2011 Jan25;76(4):405-407 ).

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