Emporgetragen von einem riesigen Heliumballon und an der Erde verankert mit einem zwölf Kilometer langen Spezialkabel – so könnte nach Plänen amerikanischer Wissenschaftler die Sternwarte der Zukunft aussehen. Das ferngesteuerte „Polare Stratosphären-Teleskop“ (POST) würde mit 100 Millionen Mark nur ein Fünfzigstel dessen kosten, was bisher in das Hubble-Weltraumteleskop investiert wurde. Mit seiner raffinierten Optik könnte POST gleichwohl doppelt so viele Details am Sternenhimmel ausmachen wie sein Vorgänger, meint Holland Ford, Astronomie-Professor an der Johns-Hopkins-Universität im US-Bundesstaat Maryland.
Ford, der als Projektwissenschaftler bereits bei der Reparatur des „kurzsichtigen“ Hubble-Teleskopes eine Schlüsselrolle spielte, arbeitet schon seit Jahren mit den Ingenieren Pierre Bely und Christopher Burrows am Entwurf eines leichtgewichtigen Observatoriums, das zunächst in Alaska, nördlich der Stadt Fairbanks, in die Atmosphäre aufsteigen könnte. Später sollte POST am Südpol eingesetzt werden, wo in der halbjährigen Polarnacht ideale Voraussetzungen für astronomische Beobachtungen herrschen. Außerdem ist die Atmosphäre an den Polen weniger dick, bei gleicher Höhe würde POST daher bessere Aufnahmen liefern als in niedrigeren Breiten.
Das schwebende Observatorium bietet nach Meinung seiner geistigen Väter eine Reihe von Vorteilen gegenüber Teleskopen wie Hubble, die mit Raketen in eine Erdumlaufbahn geschossen werden. „Ein Satellit muß beim ersten Versuch funktionieren und ist deshalb sehr teuer“, erklärt Bely. „Mit unserem System dagegen kann man das Gerät zur Wartung und für Reparaturen auf die Erde zurückholen, man kann aus den Fehlern lernen.“
Der Transport des mit 1000 Kilogramm relativ leichten Gerätes – Hubble wiegt das Zehnfache – soll durch einen 100 Meter langen Spezialballon, einem Aerostat, erfolgen. Die Herstellerfirma TCOM hat ähnliche Ballons schon für die Überwachung von Truppenbewegungen im Golfkrieg und für die Kontrolle des Drogenverkehrs an der amerikanisch-mexikanischen Grenze gebaut.
POST selbst würde sieben Spiegel erhalten: Einen von 180 Zentimetern Durchmesser, die anderen mit jeweils 60 Zentimetern. Laserlicht, das von den Spiegeln reflektiert wird, erlaubt es, deren genaue Orientierung zu bestimmen. Mit den resultierenden Daten werden dann sogenannte Aktuatoren gefüttert. Diese Präzisionsmaschinen korrigieren die Ausrichtung der Einzelspiegel und erlauben es damit, die eingefangenen Lichtteilchen aus den Tiefen des Weltalls in einem Brennpunkt zusammenzuführen.
Falls die amerikanische Weltraumbehörde NASA den hochfliegenden Plänen zustimmt, würden sie damit ein einmaliges Instrument erhalten: „Das wäre so, als ob man einen Berg von 12 Kilometern Höhe nach Belieben in die Landschaft stellen könnte“, schwärmt Professor Ford.
(erschienen in der Berliner Morgenpost am 6.3.1994)
Quelle: Pressestelle der John-Hopkins-Universität, Baltimore