Computerviren und Softwareklau, Leichtsinn und Sabotage, Bedienungsfehler und Stromausfall – den wertvollen Daten der Firma drohen ungezählte Gefahren. Niemand kann die Verluste beziffern, die der deutschen Volkswirtschaft entstehen, weil mühsam zusammengetragene Informationen von einer Minute zur anderen vernichtet werden. Der Gießener Wirtschaftsingenieur Bernd Schrum erwartet für das laufende Jahr Schäden von mindestens rund 230 Millionen Mark alleine durch auftretende Computerviren

Ein Sprecher des Bundeskriminalamtes in Wiesbaden munkelt von einer „hohen Dunkelziffer“, Ministerien und Bundesämter wollen sich auf Ratespiele gar nicht erst einlassen. Sicher ist, daß der Wert von Informationen jedweder Art drastisch unterstützt wird, wenn diese erst einmal in elektronischer Form gespeichert sind.

Die Arbeitskosten, um ein Megabyte an Daten in den Computer einzugeben, veranschlagt eine Studie des Innenministeriums mit 3500 Mark. Moderne Bürorechner dürften im Schnitt die zehnfache Datenmenge gespeichert haben, es lohnt sich also durchaus, über geeignete Schutzmaßnahmen nachzudenken.

Allzu oft wird dann aber mit Kanonen auf Spatzen geschossen, statt den gesunden Menschenverstand zu gebrauchen. Die meisten Computer beispielsweise sind abschließbar, die wenigsten Anwender aber machen von beiliegenden Schlüsseln Gebrauch. Austauschbare Festplatten können nach getaner Arbeit wie moderne Autoradios mit einem Griff entfernt und anschließend sicher verwahrt werden. Für ein paar hundert Mark kann dann jeder Mitarbeiter seinen privaten Datenspeicher mit nach Hause nehmen.

Schutz vor allzu neugierigen Mitarbeitern, die beispielsweise die Mittagspause der Sekretärin nutzen wollen, um sich über die Gehälter der Kollegen zu informieren, bieten auch Paßwörter. Ohne deren Kenntnis kann die entsprechende Datei nicht aufgerufen werden, bestenfalls bekommt der Spion einen wirren Buchstabensalat auf der Mattscheibe zu sehen, mit dem er nichts anfangen kann.

Immer wieder aber werden so leicht zu erratende Paßwörter wie der Name der Freundin oder das Kennzeichen des eigenen Autos gewählt. Auch ein Ausdruck wie „QW3H(=XV“ ist nicht sicher, wenn der Anwender eine gleichlautende Notiz unter die Tastatur des Computers klebt.

Nicht immer sind Computerviren oder finstere Gestalten am Werk, wenn Daten verlorengehen. Gerade Anfänger löschen Dateien nicht selten versehentlich oder überschreiben ganze Festplatten und müssen anschließend die verlorenen Texte und Zahlen in schweißtreibender Arbeit neu eingeben. Dies, obwohl jedes Handbuch geradezu verzweifelte Bitten enthält, der Anwender möge in regelmäßigen Abständen Sicherheitskopien seiner Daten anfertigen.

Traurig, aber wahr: Auch Computer altem. In den (kleingedruckten) technischen Daten findet sich ein sogenannter MTBF-Wert. Er gibt an, wie viele Stunden es im Durchschnitt dauert, bis etwa ein Datenspeicher zum ersten Mal seinen Dienst versagt. Die vermeintlichen und tatsächlichen Gefahren sind so zahlreich, daß deren Abwehr mittlerweile zum profitablen Geschäft geworden ist.

Einschlägige Programme zur Virusabwehr oder für die blitzschnelle Datensicherung überschwemmen den Markt. Consultingfirmen schießen wie Pilze aus dem Boden, und ein kürzlich ins Leben gerufenes „Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik“ ernährt immerhin fast 300 Angestellte. Dort empfiehlt Christoph Schlinkert das „IT-Sicherheitshandbuch“, ein wenig prosaisches Werk, das zum Preis von 45 Mark über die Bundesdruckerei in Bonn zu beziehen ist.

(erschienen im WELT-Report zur Orgatec am 22. Oktober 1992)