Mit Skepsis habe ich eine Pressemeldung zur Kenntnis genommen, wonach Herzpatienten durch Anwendung der Transzendentalen Meditation® ihr Risiko nahezu halbiert hätten, Infarkte oder Schlaganfälle zu erleiden und an ihrer Krankheit zu sterben. Dies sei das Ergebnis einer Studie, die auf der weltgrößten Konferenz von Herzspezialisten in Chicago vorgestellt wurde, erfahre ich vom Büro für Öffentlichkeitsarbeit des Medical College Wisconsin. Demnach waren 201 Afro-Amerikaner mit verengten Herzkranzgefäßen im Rahmen einer Studie nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen aufgeteilt worden. Die eine Gruppe dieser besonders Infarkt-gefährdeten Menschen hatte die üblichen Arzneien gegen Gefäßverkalkung und Bluthochdruck bekommen und war in Vorträgen auf Vorbeugemaßnahmen wie Sport und eine gesunde Ernährung hingewiesen worden. Die andere Gruppe bekam ebenfalls Medikamente, statt der Vorträge meditierte man hier jedoch zwei mal täglich 15 bis 20 Minuten gemäß der Anleitung eines „Experten“.

„Über fünf Jahre hinweg hatten die Patienten, die zusätzlich zur Standardbehandlung die Transzendentale Meditation praktizierten, um 47 % weniger Herzinfarkte, Schlaganfälle und Todesfälle“, entnehme ich der Pressemitteilung. Sowohl der Studienleiter Robert Schneider, als auch dessen Kollege Theodore Kotchen verweisen darauf, dass Blutdruck-senkende Arzneien in großen Studien die Infarktrate lediglich um ein Viertel reduziert haben, und selbst die viel gepriesene Medikamentenklasse der Statine die Herzsterblichkeit „nur“ um 30 bis 40 Prozent zu senken vermag.

„Insgesamt hat sich die Transzendentale Meditation (TM) als ebenso mächtig erwiesen, wie jede Art von neuen Herzmedikamenten auf dem Markt“, behauptet Schneider. Die von der Amerikanischen Herzgesellschaft (AHA) veröffentlichte Kurzzusammenfassung der Studie (der „Abstract“) verrät mir allerdings, dass man gemäß den Regeln der Statistik gerade eben so schließen durfte, dass die TM wirksamer war als die Arzneien. Wer es genauer wissen mag: Der so genannte p-Wert mit dem man die Irrtumswahrscheinlichkeit mißt, betrug 0,048. Ist er größer als 0,050 gilt eine Hypothese als nicht bestätigt. Aussagekräftiger sind da schon die absoluten Zahlen der Infarkte, Schlaganfälle und Todesfälle. Mit der Standardbehandlung gab es 31 solcher „Ereignisse“, in der TM-Gruppe waren es 20.

Beeindruckender scheint auf den ersten Blick die im Lauf der Untersuchung nachgewiesene Senkung des oberen Blutdruckwertes um durchschnittlich 5,1 (p=0,012). Mit anderen „Entspannungstechniken“ wie Yoga und Tai Chi, Spaziergängen und sogar durch Beten wurden allerdings in anderen Studien ähnlich starke Blutdrucksenkungen beobachtet. Selbst wenn sich in unabhängigen großen Untersuchungen die „Halbierung“ der Herzsterblichkeit durch TM bei Schwarzen bestätigen ließe, muss dies noch lange nicht gelten für Menschen mit weißer (oder gelber) Hautfarbe. Bekannt ist nämlich, dass gerade die Afro-Amerikaner innerhalb der USA die ethnische Gruppe mit dem höchsten Infarktrisiko bilden – und es ist logisch, dass diese auch am stärksten von einer Blutdrucksenkung profitieren.

Klarer Interessenskonflikt

Geschäftstüchtiger Yogi: Der 2008 verstorbene Maharishi (via Wikipedia)

Geschäftstüchtiger Yogi: Der 2008 verstorbene Maharishi (via Wikipedia)

Es gibt weitere Gründe, skeptisch zu sein. Studienleiter Robert Schneider ist nämlich Direktor des Instituts für Naturmedizin und Prävention an der Maharishi Universität für Management in Fairfield, Iowa. Diese Einrichtung ist nach eigener Darstellung „keine gewöhnliche Universität“ und wurde von dem 2008 verstorbenen Maharishi Magesh Yogi gegründet. Maharishi wiederum ist ein indischer Guru, der sich von seinem Lehrer Guru Dev die Transzendentale Meditation abgeschaut, sie im Westen bekannt und dort zu einer religiösen Bewegung ausgebaut hat.  Populär wurde die TM in den 1960er Jahren, als die Beatles und andere Berühmtheiten zu meditieren begannen. Den Begriff  „Transzendentale Meditation“ hat Maharishi sich markenrechtlich schützen lassen, was bedeutet, dass nur die Anhänger seiner Bewegung sie unterrichten dürfen. Auf bis zu fünf Millarden Euro wird das Vermögen der Organisation geschätzt, die heute als „Globales Land des Weltfriedens“ auftritt. Wer die „TM“ lernen will zahlt dafür in Deutschland 2322 Euro.

Und die Moral von der Geschicht? Wer glaubt, die Schweinegrippe sei eine Verschwörung der Pharmaindustrie oder Antidepressiva für gefährliche Wohlfühldrogen hält, der sollte auch  Sensationsmeldungen aus dem Bereich der Alternativmedizin mit einer gehörigen Portion Skepsis begegnen. Und wer seinen Blutdruck senken will, kann beim Spazieren gehen jede Menge Geld sparen.

Quellen: