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Hirnstruktur spiegelt politische Einstellung

Einen Zusammenhang zwischen der politischen Einstellung und der Ausprägung bestimmter Hirnstrukturen haben mehrere Forscher aus London gefunden. Wie sie in der online-Ausgabe der Zeitschrift Current Biology berichten, war bei Studenten, die sich als freiheitlich (engl. „liberal“) bezeichneten der vordere Bereich des so genannten Gyrus cinguli vergrößert. Konservative hatte dagegen einen größeren Mandelkern (Amygdala).

Für seine Forschung hatte Geraint Rees vom University College London mit seinem Kollegen Ryota Kanai 90 Studenten zunächst einen Fragebogen ausfüllen lassen, in dem sie ihre politische Orientierung notierten, und dann die Hirne der freiwilligen Versuchspersonen mit Hilfe der funktionellen Kernspintomografie vermessen. Das Ergebnis deckt sich einerseits mit den bekannten Aufgaben der auffälligen Hirnregionen und andererseits mit früheren psychologischen Untersuchungen. Demnach sind Menschen mit eher liberalen Einstellungen besser in der Lage, widersprüchliche Informationen zu verarbeiten, was eine Funktion des Gyrus cinguli ist. Konservative können dagegen Bedrohungen leichter erkennen – und die werden im Mandelkern registriert und bewertet.

„Man wusste bereits, dass bestimmte psychologische Merkmale Rückschlüsse auf die politische Orientierung erlauben“, erklärte Kanai. „Unsere Studie hat nun einen Zusammenhang zwischen diesen Persönlichkeitsmerkmalen und bestimmten Hirnstrukturen nachgewiesen.“ Offen ist laut Kanai noch die Frage, ob die politische Einstellung die Größe der identifizierten Hirnregionen beeinflusst, oder ob umgekehrt erst die mehr oder weniger starke Ausprägung von Gyrus cinguli und Mandelkern der Entwicklung liberaler oder konservativer Denkweisen voraus geht. Natürlich sei die schematische Unterteilung der Politik in Links und Rechts eine grobe Vereinfachung, räumt Kanai ein. „Prinzipiell lässt sich diese Methode aber auch nutzen, um Zusammenhänge zwischen Hirnstrukturen und anderen Denkweisen aufzudecken.“ Vielleicht könnten die Unterschiede im Denkorgan ja auch erklären, warum manche Menschen sich überhaupt nicht für Politik interessieren, oder warum der eine lieber einen Apple-Computer kauft und der andere lieber einen PC.

Den Anstoß zur Forschungsarbeit von Rees und Kanai hatte der britische Schauspieler Colin Firth gegeben, der zusammen mit dem Wissenschaftskorrespondenten der BBC, Tom Feilden in einer Radiosendung Ende 2010 nach Unterschieden in der Hirnstruktur zwischen Politikern unterschiedlicher Parteien gefragt hatte und dazu den Konservativen Abgeordneten Alan Duncan und den Labour-Abgeordneten Stephen Pound gewinnen konnte. Der Ex-Liberale Firth hatte damals als Grund für seinen Wissensdurst der Zeitung Daily Mail verraten: „Ich wollte einfach nur herausfinden, was nicht stimmt mit der Biologie bei Leuten, die andere Ansichten haben als ich.“

Deutsche Forschungsgemeinschaft schafft sich ab

Sehr geärgert habe ich mich über eine aktuelle „Stellungsnahme“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

In vagen Worten und subtilen Andeutungen wird dort über den Betrugsfall Guttenberg gesprochen, ohne jedoch den Namen des Ex-Doktors auch nur auszusprechen, geschweige denn Klartext zu reden. „Wasch´ mich, aber mich nicht naß“ pflegte meine Großmutter über derartiges Gemauschel zu urteilen. Damit sich jeder selbst eine Meinung bilden kann, hier das Dokument im Wortlaut:

„Wissenschaft beruht auf Wahrhaftigkeit, Redlichkeit und Vertrauen“

Angesichts der Diskussion um Plagiate in der Wissenschaft und um das Verhältnis der Politik zur Wissenschaft betont die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) die elementare Bedeutung von Vertrauen und Wahrhaftigkeit sowie der Regeln guter wissenschaftlicher Praxis für die Forschung.

DFG-Präsident Professor Matthias Kleiner erklärte dazu heute in Bonn:

„Wissenschaft beruht auf den Prinzipien von Wahrhaftigkeit, Redlichkeit und Vertrauen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an den Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Deutschland fühlen sich diesen Prinzipien verpflichtet und handeln nach ihnen – nur  wenige verletzen sie.

Denn wissenschaftliches Fehlverhalten, ob in Form eines Plagiats oder der Manipulation von Daten und Ergebnissen, ist ein schwerwiegendes Vergehen. Gemessen an der Zahl der Personen und Projekte in der Wissenschaft ist das Ausmaß wissenschaftlichen Fehlverhaltens jedoch äußerst gering. Schon deshalb darf die Wissenschaft und dürfen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht unter einen Generalverdacht gestellt werden.

Forscher teilen ihre Ideen und Erkenntnisse miteinander und führen sie, oft gemeinsam, weiter. Aber sie entwenden sie nicht. Denn geistiges Eigentum ist für die Wissenschaft genauso wertvoll wie materielles. Dies muss noch stärker der Gesellschaft und der Politik bewusst werden und von ihnen geteilt werden, zumal dies zu den Grundwerten einer Gesellschaft gehört, die ihren Wohlstand auf Bildung und Ausbildung, Wissenschaft und Forschung gründet.

Von entscheidender Bedeutung ist auch, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler früh mit den Prinzipien von Wahrhaftigkeit, Redlichkeit und Vertrauen und mit den Standards guter wissenschaftlicher Praxis vertraut gemacht werden, aber auch die scharfen Mechanismen der Selbstkontrolle in der Wissenschaft und der strengen Sanktionierung von Fehlverhalten kennen und diese mittragen. Deshalb ist die intensive Betreuung des wissenschaftlichen Nachwuchses zentral. Dies gelingt besonders gut in verbindlichen Zusammenhängen wie Forschungsprojekten oder -verbünden sowie in Graduiertenkollegs und Graduiertenschulen.

Die Selbstkontrolle in der Wissenschaft, zu der besonders das bereits 1998 von der DFG etablierte Ombudsman-System beiträgt, funktioniert gut und die vorhandenen Sanktionsmöglichkeiten sind ausreichend. Sie sollten jedoch noch stärker im Bewusstsein der einzelnen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf allen Ebenen in den Hochschulen und Institutionen verankert werden. Denn nichts in der Wissenschaft ist so gut, als dass man es nicht verbessern könnte. Eine allein auf Misstrauen gegründete Kontroll- und Prüfkultur jedoch entspricht nicht dem Wesen von Wissenschaft.“

Ich denke, mit diesem „Statement“ hat sich die DFG einen schlechten Dienst erwiesen. Jeder Akademiker in meinem Bekanntenkreis war empört über die Dreistigkeit, mit der Guttenberg sich seinen Titel zusammengeklaut hat. Jeder, der Monate und Jahre seines Lebens für einen wissenschaftlichen Abschluss investiert hat, kann nur entsetzt sein über die vielen Sympathisanten, die das Raubkopieren und Verwenden fremder Inhalte durch einen Spitzenpolitiker als „Schummelei“ verharmlosen und mit dem Abschreiben einer Hausarbeit in der Schule vergleichen. Man muss sich ja nicht gleich in den Dienst der Opposition stellen, die aus Guttenbergs offensichtlichen Lügen politisches Kapital zu schlagen versucht.

Aber klare, unmissverständliche Worte hatte ich mir von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) sehr wohl erhofft. Natürlich bin ich nicht naiv und weiß, dass es am Ende Politiker sind, die über den Milliarden-Etat der DFG entscheiden. Dies darf aber kein Grund sein, mit seiner Kritik derartig hinter dem Berg zu halten, dass sie vom Wahlvolk erstens nicht gehört und zweitens nicht verstanden wird. DFG-Präsident Kleiner mag darauf verweisen, dass Angela Merkel und Guttenberg seine Worte wohl zu deuten wissen. Ich halte dagegen, dass der Fälscher und seine Schutzpatronin dankbar sein werden für Papiere wie dieses, die bequemerweise nicht einmal von Google gefunden werden, wenn man die Suchbegriffe „Guttenberg“, „Betrug“ und „DFG“ kombiniert.

„Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“ – hätte meine Oma gesagt. Heute wie damals stampfe ich zornig mit dem Fuß auf den Boden und entgegne:  „Das darf doch nicht wahr sein“.

Warum wir immer die Falschen wählen

Zweifel an unserem Wahlsystem habe ich nicht erst seit Merkel & Co sich mit immer neuen Gesetzen über den Willen des Volkes hinwegsetzen. Oder bevorzugen Sie etwa Christian Wulff als Bundespräsident gegenüber Joachim Gauck? Hätten Sie für die Griechenlandhilfe gestimmt? Waren Sie für eine „Transferunion“, bei der Deutschland mit mindestens 175 Milliarden für andere Euro-Länder haftet? Wollten Sie die „notleidenden Banken“ retten, und haben Sie ihre D-Mark freiwillig gegen den Euro eingetauscht? Und wie kommt es eigentlich, dass ein ums andere Mal Politiker gewählt werden, die offensichtlich inkompetent sind und die immer wieder damit durchkommen, uns frech zu belügen?

Nun, zumindest auf die letzte Frage haben Wissenschaftler des University College London und der Universität Princeton (USA) eine überzeugende Antwort gefunden: Wir sind selbst schuld. Die meisten Wähler vergeben ihre Stimmen nämlich nicht etwa nach gründlicher Überlegung an diejenigen mit den besten Argumenten. Entschieden wird vielmehr anhand von Oberflächlichkeiten – etwa weil der scheinbar entschlossene Gesichtsausdruck des einen Kandidaten gefällt, die nachdenkliche Mimik des Konkurrenten aber nicht.

Entschlossener Blick, aber keine Ahnung: So wird man Präsident (Foto: Eric Draper)

„Wähler beurteilen die Kompetenz von Politikern anhand von deren Gesichtsausdrücken und aufgrund dieser, auf Äußerlichkeiten basierenden Urteile kann man sowohl das Wahlverhalten des Einzelnen als auch den Ausgang der Wahl insgesamt vorhersagen“, heißt es in einer Pressemitteilung des Springer-Fachverlages, bei dem Dr. Christopher Olivola und Professor Alexander Todorov ihre Untersuchung veröffentlicht haben. Die Erklärung für dieses unselige Verhalten lautet: Weil das Gehirn eine ganze Flut von Informationen über die Kandidaten verarbeiten müsste, um zu einer gut fundierten Entscheidung zu kommen, sei es keine Überraschung, dass die Wähler „geistige Abkürzungen“ nehmen. Heraus gefunden haben Olivola und Todorov dies mit einer interessanten Kombination aus Literaturstudium und Computersimulation. Erst haben die beiden Psychologen jene Gesichtsausdrücke identifiziert, die gemäß früheren Studien bei den meisten Menschen den Eindruck von Kompetenz erwecken. Dann manipulierten sie mit dem Computer diese Gesichtsausdrücke und ermitteln die Reaktionen ihrer freiwilligen Versuchspersonen. Heraus kam, dass der Anschein von Reife einerseits und körperliche Attraktivität andererseits die beiden wichtigsten Merkmale waren, aufgrund derer die Studienteilnehmer jemanden für kompetent hielten.

„Es wird keine leichte Aufgabe, die Menschen dazu zu bewegen, diese Macht des ersten Eindrucks zu überwinden“, fürchten Olivola und Todorov. Wegen der Schnelligkeit und dem Automatismus, mit dem Schlussfolgerungen aufgrund von Oberflächlichkeiten getroffen werden, seien diese Urteile nur schwer zu korrigieren. „Noch dazu ist es den Leuten oft nicht einmal bewusst, dass sie ihre Urteile anhand des Aussehens der Anderen treffen.“ Ein Patentrezept haben die beiden Forscher deshalb nicht zu bieten. „Den Einfluss des Fernsehens und anderer Medien zu kontrollieren wäre wohl extrem schwierig. Den Wählern eine bessere Bildung zukommen zu lassen wäre wahrscheinlich die bessere Strategie“, spekulieren die beiden Wissenschaftler.

Quelle:

Wieder Furcht und Zittern lernen

Im Rahmen einer VHS-Vortragsreihe war am Montagabend Professor Günter Altner, Vorstandssprecher des Freiburger Öko-Instituts im Kulturhaus zu Gast. Das Thema des gelernten Biologen und Theologen: Die Gentechnologie als Herausforderung für die christliche Weltanschauung.

Ca. 70 Zuhörer jeglichen Alters zeugten von dem Interesse der Öffentlichkeit an dem recht komplexen Thema, das jedoch, wie Prof. Altner schnell klarmachte, jeden angeht. Die Gentechnologie habe die Absicht, durch mehr oder weniger gezielten Eingriff ins Erbgut der verschiedensten Organismen diesen zu neuen Leistungen zu verhelfen, wozu auch die Produktion neuer Stoffe gehöre.

Zu Eingang seines Vortrages bemühte sich Altner, dem Publikum die Grundlagen der neuen Technologie nahe zu bringen, indem er in groben Zügen eine Vorstellung vermittelte, wie man sich denn diese Erbanlagen vorzustellen habe.

 

Auch für die Übersetzung des genetischen Codes, der Erbsprache also, in Eiweißstrukturen, die letztlich die Merkmale und die Entwicklung alles Lebendigen bestimmen, fand Altner einen recht anschaulichen Vergleich.

Damit war dann der Boden bereitet für eine Schilderung der vielfältigen Nutzungsziele, die gegenwärtig auf diesem Gebiet verfolgt werden. Dabei wurde immer wieder klar, welch zweischneidiges Schwert der Menschheit mit dieser Technologie in die Hand gegeben ist: Einerseits werden Mikroorganismen heute schon dazu benutzt, Insulin für Zuckerkranke zu produzieren – billiger und reiner als dies mit der bisherigen Methode der Gewinnung aus den Drüsen von Schlachttieren zu machen ist -, andererseits haben aber auch militärische Kreise die Gentechnologie entdeckt und damit die Möglichkeit, biologische Waffen noch bösartiger zu machen, als sie dies ohnehin schon sind.

In der Pflanzenzucht ließe sich erhöhte Fruchtbarkeit bei Kulturpflanzen ebenso erreichen wie größere Widerstandsfähigkeit gegen extreme Umweltbedingungen und verminderter Bedarf an Düngemitteln. Während diese Projekte, die für Entwicklungsländer von Wert sein könnten, noch in der Entwicklung sind, sind herbizidresistente Kulturpflanzen schon produktionsreif.

Der Einsatz dieser Pflanzen würde zu einem erhöhten Einsatz an Pflanzengiften führen. Dies, so Altner, müsse als fragwürdig bezeichnet werden und könne ökologisch nicht verantwortet werden.

 

Schließlich die Anwendung am Menschen: Die Möglichkeit der pränatalen Diagnose, also der Vorhersage von Erbschäden bei Embryonen berge die Gefahr in sich, dass in Zukunft schon bei geringen Abweichungen von der Norm eine Abtreibung eingeleitet werde. Die sich bereits abzeichnende Möglichkeit der Gentherapie d.h. der Reparatur von Erbdefekten am menschlichen Keim erfordert Experimente am Embryo. Altner unterstrich in Anbetracht dieser Entwicklungen die Bedeutung einer informierten Öffentlichkeit.

Letztendlich sei es der gesunde Menschenverstand der Bürger, der darüber zu entscheiden habe, inwieweit man das Potential, das in dieser Technik stecke nutzen wolle bzw. wo man Grenzen zu ziehen habe. Angesichts des Wettlaufs der Industrienationen trotz einer Fülle von ungeklärten Fragen erinnerte Altner an den Ausspruch des Philosophen Hans Jonas, dem in diesem Jahr der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen wurde: „Wir müssen wieder Furcht und Zittern lernen und, selbst ohne Gott, die Scheu vor dem Heiligen“. Der Mensch müsse mehr Ehrfurcht vor dem Leben zeigen und die Zusammenhänge der Natur als etwas wertvolles begreifen. Altner erklärte, er halte eine Denkpause für nötig.

Die Risikoforschung sei noch nicht weit genug fortgeschritten. Die Förderung der Gentechnologie durch öffentliche Mittel solle eingestellt werden. An gesetzliche Maßnahmen wurde ein Verbot der Freisetzung genetisch veränderter Organismen ebenso gefordert wie ein totales Verbot biologischer Waffen auf internationaler Ebene. Der Schutz des menschlichen Keimes müsse gesetzlich verankert werden.

Dies bedeute jedoch kein totales Nein gegenüber der Gentechnologie angesichts der Heilungschancen, die mit bestimmten Gebieten verbunden seien.

In der sich anschließenden Diskussion wurde immer wieder die Frage laut, wie man auf die gegenwärtige Entwicklung Einfluss nehmen könne. Auch wurde Skepsis laut gegenüber einseitigen Maßnahmen in der Bundesrepublik. Wie Tschernobyl gezeigt habe, seien auch die schärfsten Sicherheitsmaßnahmen angesichts grenzüberschreitender Umweltkatastrophen nutzlos.

Demgegenüber brachte Altner seine Überzeugung zum Ausdruck, dass durch eine breitangelegte Diskussion in der Öffentlichkeit durchaus genug Druck auf die Parlamente ausgeübt werden könne, um verantwortliche Politiker zum Handeln zu bewegen. Auch habe man die ethische Verpflichtung, moralisch nicht vertretbare Entwicklungen zu verhindern, wobei der Blick auf den Nachbarn erst an zweiter Stelle stehen dürfe.

Anhaltender Beifall am Ende der Veranstaltung zeugte davon, dass Prof. Altners Appell an das Verantwortungsgefühl und den gesunden Menschenverstand an diesem Abend auf offene Ohren gestoßen war.

(erschienen in der Rhein-Neckar-Zeitung, 6. November 1987)