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Hautkrebserkennung: Software schlägt Doktor

Allmählich müssen Hautärzte (Dermatologen) sich Sorgen machen, dass Kollege Computer ihnen Konkurrenz macht. Grund dafür ist die zunehmende Leistungsfähigkeit von Programmen aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI), die selbstständig lernen können. Das Ergebnis eines, vom Bundesministerium für Gesundheit finanzierten Projektes lässt jedenfalls Staunen: Nachdem die Software mit mehr als 12000 Bildern von klinisch bestätigtem schwarzem Hautkrebs (Melanom) und gutartigen Veränderungen (Naevi) „gefüttert“ wurde, trat das System in der zweiten Runde gegen 157 Dermatologen von zwölf deutschen Universitätskliniken an – und schlug die meisten von ihnen.

In einer Art Wettkampf waren Bilder von 80 harmlosen Muttermalen und 20 bösartigen Melanomen einzuordnen. Den Autoren der im European Journal of Cancer erschienenen Studie waren die Untersuchungsergebnisse der zugehörigen Patienten bekannt, die KI-Software sollte sich dagegen auf ihre „Erfahrungen“ aus der Trainingsrunde stützen.

Dabei schnitt sie besser ab als 136 ihrer 157 menschlichen Konkurrenten. Vom Assistenz- bis zum Chefarzt waren unter den Dermatologen alle Ränge vertreten – und doch schafften es in der Einzelwertung nur sieben von ihnen, genauer zu sein als die Software und weniger Fehler zu machen. Immerhin weitere 14 Ärzte waren aber gleich gut wie die Software.

Kein Zweifel, „der Einsatz von künstlicher Intelligenz wird in der Dermatologie zukünftig wichtiger werden, um präzise Diagnosen zu erstellen“, kommentierte Jochen Sven Utikal, Leiter der Klinischen Kooperationseinheit des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), in einer begleitenden Pressemitteilung. Der Computer, bzw. das KI-Programm wird also zum Kollegen, ersetzen wird er den Hautarzt vorläufig aber nicht. Denn in der Praxis sind die Probleme oftmals komplizierter. Dort gilt es, zwischen mehr als 100 verschiedenen Hautveränderungen zu unterscheiden, und nicht nur zwischen Muttermalen und schwarzem Hautkrebs. Studienleiter Titus Brinker macht sich um die Zukunft offenbar keine Sorgen: „“Es ist ähnlich wie beim Autopiloten im Flugzeug: Bei gutem Flugwetter und häufigen Strecken ist das Assistenzsystem hilfreich. Bei schwierigen Landungen muss ein erfahrener Pilot hingegen Verantwortung übernehmen. Das kann ein Computer so allein nicht leisten.“

Brinker TJ et al.: Deep learning outperformed 136 of 157 dermatologists in a head-to-head dermoscopic melanoma image classification task. Eur J Cancer. 2019 Apr 10;113:47-54. doi: 10.1016/j.ejca.2019.04.001.

Hautkrebs mit „Genspritze“ geschrumpft

Der erste klinische Ver­such zum direkten Gentransfer wurde erfolgreich abgeschlossen. Wie Gary Nabel und seine Mitarbeiter vom Medizinischen Zentrum der Universität Michigan in der jüngsten Ausgabe der Fachzeitschrift PNAS berichten, konnte das „therapeutische Potential“ und die Sicherheit der Methode an fünf Patienten bestätigt werden, die unter einem malignen Melanom des Stadiums IV litten.

Im Rahmen der klinischen Phase-I-Studie injizierten die Forscher eine Mischung aus Liposomen und nackter Erbsubstanz jeweils sechs Mal direkt in die Tumoren. Die Konzentration der eingesetzten DNA übertraf dabei diejenige in den vorausgegangenen Tierversuchen um den Faktor sechs. Es handelte sich dabei um Gensequenzen, welche für das Transplantationsantigen HLA-B7 codieren. HLA-B7, das bei den Probanden zuvor nicht nachweisbar war, wurde daraufhin von bis zu zehn Prozent der Tumorzellen in der Nähe der Einstichstelle synthetisiert.

Anschließend habe man starke Hin­weise auf eine verstärkte Reaktivität zytotoxischer T-Zellen gegen das frem­de Antigen gefunden, berichtete Nabel. Eine Immunantwort gegen die Fremd-DNA wurde dagegen nicht beobachtet. „Alle Patienten tolerierten die Behand­lung gut; akute Komplikationen gab es nicht.“

In einem Fall wurde nach kutaner Injektion eine vollständige Regression nicht nur des behandelten Knotens er­zielt, sondern auch entfernter Metasta­sen, darunter ein drei Zentimeter durchmessendes Geschwür der Lunge. Vorausgegangene chirurgische Maßnahmen waren bei diesem Patienten ebenso wirkungslos geblieben wie Strahlen- und Chemotherapie, die Gabe von Interferon sowie eine Immunthe­rapie mit BCG und Interleukin 2.

Auf einem Symposium des Verbundes Klinisch-Biomedizinische Forschung hatte Nabel kürzlich in Heidelberg eingeräumt, daß die direkte Injektion nackter DNA in den Tumor „wenig elegant“ erscheinen möge. „Aber wenn man Gene an einen bestimmten Ort im Körper des Patienten haben will, sollte man sie einfach dort platzieren. Liposomen bilden dabei eine wichtige und möglicherweise sicherere Alternative gegenüber den gebräuchlichen viralen Vektoren.“

(Original-Manuskript für einen Artikel in der Ärzte-Zeitung vom 2. Dezember 1993. Eine Publikumsversion wurde gesendet im Deutschlandfunk am 1. Dezember 1993.)

Quelle: Nabel GJ, Nabel EG, Yang ZY, Fox BA, Plautz GE, Gao X, Huang L, Shu S, Gordon D, Chang AE. Direct gene transfer with DNA-liposome complexes in melanoma: expression, biologic activity, and lack of toxicity in humans. Proc Natl Acad Sci U S A. 1993 Dec 1;90(23):11307-11. doi: 10.1073/pnas.90.23.11307.