Zum Hauptinhalt springen

Sportler altern langsamer

Rechtzeitig zum Neuen Jahr präsentieren deutsche Forscher neue Beweise dafür, dass Sport nicht nur fit hält, sondern womöglich auch das Altern verzögern kann. Professor Ulrich Laufs, Facharzt für Kardiologie an der Universität des Saarlandes, untersuchte zusammen mit seinen Kollegen, wie sich körperliche Betätigung auf ein Reparatursystem des Körpers auswirkt, das dem Verschleiß der Erbsubstanz in unseren Zellen entgegen wirkt. Die Wissenschaftler nahmen dafür die Telomere unter die Lupe, das sind Strukturen, die wie Schutzkappen an den Enden der zu Chromosomen zusammen geknäulten Erbsubstanz sitzen. Mit jeder Zellteilung werden die Telomere ein wenig kürzer und eine beliebte Theorie der Altersforschung besagt, dass dieser Effekt die Lebensdauer der Zellen begrenzt. Es gibt jedoch ein Enzym, das dem altersbedingten Verschleiß der Chromosomen entgegen wirkt: die Telomerase.

Als Laufs Team nun die Menge der Telomerase in den Blutgefäßen und weißen Blutkörperchen von Labormäusen verglich, machte man eine interessante Entdeckung: Tiere, die sich in einem Laufrad nach belieben austoben konnten, produzierten offensichtlich mehr Telomerase als Artgenossen, in deren Käfigen kein Laufrad hing. Um zu testen, ob diese Beobachtung auch auf Menschen zutrifft, untersuchten die Mediziner zwei Gruppen von Sportlern und verglichen deren Telomerase-Werte mit denen von gleichaltrigen Bewegungsmuffeln. Sowohl bei durchschnittlich 20 Jahre jungen Mitgliedern der Deutschen Leichtathletik-Nationalmannschaft, als auch bei Langstreckläufern im mittleren Alter, die wöchentlich etwa 80 Kilometer rannten, war die Telomerase eindeutig aktiver als bei in den Kontrollgruppen, so das Ergebnis der Untersuchung. „Das ist ein direkter Beweis für einen Anti-Aging-Effekt durch körperliche Betätigung“, kommentierte Laufs. Die Daten verbesserten das Verständnis der Schutzwirkung von Sport auf der Ebene der Moleküle und unterstrichen die Bedeutung der Bewegung für die Verringerung altersbedingter Krankheiten, ergänzte der Mediziner.

Professor Tim Spector, Genetiker und Alternsexperte am Kings College in London verwies auf zahlreiche andere Studien, die gezeigt haben, dass man kein Leistungssportler sein muss, um das Altern zu bekämpfen. In einer Untersuchung an Zwillingen hatte Spector selbst gezeigt, dass drei Stunden Sport in der Woche bereits ausreichten, um den eigenen Körper zehn Jahre jünger erscheinen zu lassen als bei gleichaltrigen Bewegungsmuffeln. Eine andere Interpretation der Ergebnisse ist allerdings ebenfalls möglich: So wäre es denkbar, dass eine vermehrte Telomerase-Aktivität lediglich eine Begleiterscheinung sportlicher Aktivität ist, nicht aber deren Folge. „Ursache und Wirkung sind in solchen Studien oftmals schwer auseinander zu halten“, räumte denn auch Spector ein. Dennoch liefere die deutsche Untersuchung weitere Beweise, dass regelmäßige Bewegung das Altern womöglich verzögert.

Ein weiteres Argument für mehr Bewegung lieferten derweil schwedische Wissenschaftler der Universität von Göteborg. Wie sie kürzlich in der Fachzeitschrift PNAS berichteten, haben sie die „Herzgesundheit“ von 1,2 Millionen Rekruten verfolgt, die in den Jahren 1950 bis 1976 zum Dienst in der schwedischen Armee einberufen wurden. Durch den Abgleich verschiedener Datenbanken konnten die Forscher zeigen, dass diejenigen, die sich auf einem Standfahrrad bei der Musterung als besonders fit erwiesen hatten, im späteren Leben im Durchschnitt intelligenter waren als ihre Altersgenossen. Gleichzeitig hatten diejenigen, die schon früh im Leben mehr Ausdauer bewiesen, später eine bessere Ausbildung vorzuweisen und sie erreichten ein größeres soziales Ansehen als die ehemals schlaffen Schweden. Die wenig überraschende Schlussfolgerung der Wissenschaftler lautet: „Sport könnte ein wichtiges Instrument für öffentliche Gesundheitsinitiativen sein, um die Erziehung und das Denkvermögen zu optimieren und um Krankheiten zu vermeiden.“

Quellen:

Mit Jodsalz gegen den Kropf

Eine allgemeine Massenprophylaxe mit jodiertem Speisesalz und eventuell auch Futtermittelzusätzen wäre das beste Mittel, um in Deutschland der Kropfbildung vorzubeugen, so die Meinung führender Endokrinologen auf dem 18. Interdisziplinären Forum „Fortschritt und Fortbildung in der Medizin“ der Bundesärztekammer. Weil diese Forderung jedoch nicht erfüllt wird, entstehen hierzulande jährliche Kosten von etwa zwei Milliarden Mark für die Diagnose und Therapie von Schilddrüsenkrankheiten.

Neben der Einsparung dieser Summe könnten auch die Lebensqualität und Gesundheit der Deutschen insgesamt angehoben werden, sagte Walter Teller, Ärztlicher Direktor der Universitäts-Kinder-Klinik Ulm. „Schließlich könnte man auch mit einer Steigerung der Intelligenz rechnen, da erwiesenermaßen Jodmangel zur Herabsetzung der geistigen Leistungsfähigkeit führt.“

Die Wirksamkeit einer allgemeinen Prophylaxe im Vergleich zum Freiwilligkeitsprinzip beschrieb am Beispiel der ehemaligen DDR Wieland Meng. Wie der Leiter der Endokrinologischen Abteilung der Universitätsklinik Greifswald erläuterte, führte dort das endemische Auftreten der Struma zu gesetzlichen Maßnahmen, die ab 1983 schrittweise eingeführt wurden. Neben der Anreicherung des Haushaltssalzes mit Jod verfütterte man auch jodhaltige Mineralstoffmischungen an Nutztiere. Die Konzentration des Elementes in Milch und Fleisch stieg daraufhin um das Zwei bis Fünffache.

Innerhalb weniger Jahre wurde das, durch geologische Verhältnisse bedingte, Nord-Süd-Gefälle bei der Jodversorgung ausgeglichen. Kongenitale Kröpfe verschwanden fast vollständig und auch die Strumahäufigkeit bei Kindern, Jugendlichen und Schwangeren war rückläufig. Gemittelte Labordaten zum Jodgehalt im Urin zeigten 1988 eine Verdoppelung der Werte gegenüber den Jahren 1978 bis 1981. Erwartungsgemäß traten Hyperthyreosen zunächst häufiger auf. Weng schätzt den Zuwachs auf das Zwei- bis Dreifache, doch sei dies kein Argument gegen eine Strumaprophylaxe, weil es sich dabei nur um eine Vorverlagerung präexistenter Erkrankungen gehandelt habe. „Der Gipfel wurde 1989 überschritten und das Hyperthyreoseaufkommen näherte sich wieder den Ausganswerten.“

Mit dem Mauerfall im gleichen Jahr ging allerdings der Verbrauch von Jodsalz im Haushalt auf 20 Prozent zurück, die Jod-Zufütterung von Nutztieren brach ebenfalls zusammen. Die per Jodurie ermittelten Werte entsprechen heute wieder denen zu Beginn der achtziger Jahre.

(erschienen in der Ärzte-Zeitung am 18.1.1994)