Einen Rodungsstopp für alle Tropenwälder fordert Professor Gundolf Kohlmaier vom Institut für Physikalische und Theoretische Chemie der Universität Frankfurt. Der Klimaforscher weiß, wovon er redet, denn der 57jährige hat in einem aufwendigen Computerprogramm den Einfluß der Pflanzenwelt auf das Weltklima simuliert. Ergebnis der Studie: Die ständig steigende Produktion des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) durch den Menschen kann kaum noch durch vermehrten Pflanzenwuchs aufgefangen werden.

Laborversuche hatten zuvor ergeben, daß der vermehrte CO2-Gehalt der Atmosphäre das Pflanzenwachsturn begünstigt. Bei der Photosynthese entziehen nämlich die grünen Pflanzen und Algen ihrer Umgebung das Kohlendioxid. Innerhalb gewisser Grenzen wirkt das Treibhausgas wie ein Dünger, so daß manche Forscher argumentierten, dieser Effekt könnte das überschüssige Treibhausgas „wegfangen“ und die schleichende Erwärmung der Atmosphäre verhindern.

Leider aber deutet Kohlmaiers Modell darauf hin, daß die 5,6 Milliarden Tonnen Kohlenstoff, die jährlich bei Verbrennungsprozessen aus den Schornsteinen von Kraftwerken, Industriebetrieben und Privathaushalten entweichen, von der Vegetation nicht mehr bewältigt werden können, wenn die zunehmende Vernichtung der Tropenwälder nicht gestoppt wird. Derzeit schrumpfen diese Regionen jährlich um 140.000 Quadratkilometer.

Kohlmaier, der sein Fachwissen auch in die Enquete-Kommission des Bundestages zum Schutz der Erdatmosphäre einbringt, fürchtet eine weitere Verschärfung des Treibhauseffekts. Wenn die Prognosen der Klimaforscher zutreffen, wird sich die globale Durchschnittstemperatur innerhalb von 50 Jahren um drei Grad erhöhen. Dann, so warnt Kohlmaier, setzt der Boden als einer der größten CO2-Speicher weitere 300 Milliarden Tonnen Kohlenstoff frei – fünfzig Mal so viel, wie jährlich durch die Verbrennung von Öl, Kohle und Gas entsteht.

(erschienen in „DIE WELT“ am 5. April 1991, anlässlich der Verleihung des Philip-Morris Forschungspreis an Prof. Kohlmaier)

Was wurde daraus? Die Welternährungsorganisation FAO hat errechnet, dass alleine in Amazonien zwischen 1990 und 2010 annähernd 600.000 Quadratkilometer Regenwald verschwunden sind – dies entspricht fast der doppelten Fläche Deutschlands. Zwischen 2000 und 2005 schrumpften die bewaldeten Flächen in den meisten wichtigen Ländern aber nur noch um weniger als 1 Prozent, wie ich der Wikipedia entnehme. Eine noch verlässigere Datenquelle dürfte Our World in Data sein, wo man Zahlen der Welternährungsorganisation aufbereitet hat. Dort ist zu sehen, dass in den Jahrzenten zwischen 1990 und 2009 die jährlichen Verluste in Afrika mit etwa 0,5 % und in Amerika mit 0,25 %  zwar noch immer beträchtlich waren, dass aber im gleichen Zeitraum in Asien jeweils 0,25 % neuer Waldflächen wuchsen, und in Europa sogar 0,37 %. Das ist zwar noch immer kein Grund zum Jubeln, scheint mir aber weniger ausgeprägt als der gefühlte bzw. von den Medien transportierte Schwund.