Es sind Zahlen, die mittlerweile fast jeder kennt: Mehr als 3 Millionen Menschen haben sich in Deutschland mit dem neuen Corona-Virus infiziert, mehr als 80.000 sind damit gestorben. Vergleichsweise wenig weiß man aber bisher über jene, die an COVID-19 (so der Fachbegriff der Erkrankung) litten und nicht in die Klinik mussten. War´s das oder kommt da noch was?

Erste Antworten liefert eine Studie aus den USA, die den Gesundheitszustand von rund 5 Millionen ehemaligen Armeeangehörigen analysiert hat und aus Steuermitteln bezahlt wurde. Die weitaus meisten Untersuchten hatten kein COVID-19 und dienten als Vergleichsgruppe. 73.435 Personen jedoch waren an COVID-19 erkrankt und hatten die ersten 30 Tage überstanden, ohne in die Klinik zu müssen.

Die Forscher um Ziyad Al-Ali nutzten für ihre Analyse die Gesundheitsdatenbanken des US-Ministeriums für Armeeveteranen und prüften für 379 Diagnosen, 380 Medikamentenklassen und 62 Labortests die Häufigkeit in den beiden Gruppen über einen Zeitraum von 6 Monaten.

Ein Ergebnis dieser ersten umfassenden Erhebung zu den „post-akuten“ Folgen einer COVID-19-Erkrankung war, dass die Überlebenden ein etwa 60 % höheres Risiko hatten zu versterben als Menschen, die nicht an COVID-19 erkrankt waren. Auch die absoluten Zahlen haben die Wissenschaftler errechnet und in Form der Übersterblichkeit präsentiert. Im ersten Halbjahr starben demnach unter je 1000 ehemaligen Corona-Patienten 8,39 Menschen mehr, als zu erwarten waren.

Die Details ihrer Untersuchung präsentieren Al-Ali und seine Kollegen in der Fachzeitschrift Nature mit einer Fülle von Grafiken, die auffällige Beobachtungen der Ärzte zusammenfassen. Für fast jedes Organ fanden sie dabei gleich mehrere Krankheiten, die unter früheren COVID-Patienten gehäuft auftraten, und deren Auftreten nicht durch zufällige Schwankungen zu erklären war.

Wie erwartet waren Krankheiten der Atemwege am häufigsten – sie wurden bei jedem 30sten Betroffenen neu diagnostiziert. Damit einher ging auch ein deutlicher Mehrverbrauch von Arzneien zur Erweiterung der Atemwege, gegen Husten oder Asthma.

Unter den psychischen Leiden wurden Schlafstörungen bei jeweils etwa 15 von 1000 ehemaligen COVID-Patienten festgestellt, sowie Trauma und Stresserkrankungen bei knapp 1 %. Auch hier spiegelten sich die Probleme in der häufigeren Einnahme von Medikamenten – vor allem Schmerz- und Betäubungsmittel, aber auch Antidepressiva.

Weitere alarmierende Befunde waren häufig erhöhte Blutfettwerten und Bluthochdruck, die beide das Risiko einer Herzerkrankung erhöhen. Unter der Kategorie „Allgemeines Wohlbefinden“ stehen Müdigkeit, Muskelschmerzen und Blutarmut ganz oben auf der Liste – allesamt Beschwerden, die man bereits aus Untersuchungen von schweren Fällen kennt, bei denen die Patienten ins Krankenhaus mussten.

In einer separaten Untersuchung haben die Forscher Patienten verglichen, die wegen Corona ins Krankenhaus mussten und solche, die dort wegen einer saisonalen Grippe (Influenza) behandelt wurden. Dabei seien die Belastungen nach Corona in den meisten Bereichen deutlich größer gewesen, heißt es.

Auch jenseits der ersten 30 Tage haben demnach Menschen, die von COVID-19 „genesen“ sind, ein erhöhtes Risiko, zu versterben oder an einer Vielzahl von Leiden unterschiedlicher Organe zu erkranken. Auch wenn die Daten hierzu von US-Veteranen stammen – also vorwiegend von älteren Männern – hilft diese Arbeit doch, das mittelfristige Risiko nach einer Corona-Infektion auch bei weniger schwer Erkrankten abzuschätzen.

Quelle:

Al-Aly, Z. et al. High-dimensional characterization of post-acute sequalae of COVID-19. Nature 2021 (online) doi: 10.1038/s41586-021-03553-9. (Nicht editiertes Manuskript).