Vertreter von 91 Nationen haben in der vergangenen Woche den Ausstieg aus der Anwendung und Produktion der ozonzerstörenden Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) beschlossen – und zwar bereits zum Ende des Jahres 1995 und damit fünf Jahre früher als bisher vorgesehen.
Was sich zunächst wie ein großer Erfolg anhört, ist beim näheren Hinsehen eine Vereinbarung mit zahlreichen Lücken. Ursprünglich hatte Bundesumweltminister Klaus Töpfer bis 1995 ein weltweites Verbot der FCKW angestrebt – in Kopenhagen wurde den Entwicklungsländern jedoch eine Übergangsfrist bis zum Jahr 2010 eingeräumt. Ursprünglich sollten in den strikten Ausstiegsplan auch die weniger gefährlichen, sogenannten teilhalogenierten FCKW (H-FCKW) einbezogen werden, stattdessen sind H-FCKW noch bis zum Jahr 2030 erlaubt; bis 2004 muß der Einsatz von H-FCKW um ein Drittel gesenkt werden. Nicht zuletzt fiel auch das Schädlingsbekämpfungsmittel Methylbromid durch das Ausstiegsraster. Die ebenfalls ozonzerstörende Substanz erhielt in Kopenhagen kein Zeitlimit verpaßt. Die Produktionsmengen – derzeit jährlich rund 20 000 t – sollen vielmehr ab 1995 auf das Niveau von 1991 eingefroren werden.
Entsprechend enttäuschend fielen die Kommentare aus. „Unzureichend und unbefriedigend“ beurteilte Bundesumweltminister Töpfer nach seiner Rückkehr die Ergebnisse von Kopenhagen. „Die H-FCKW sind kein wirklicher Ersatz, ihr Verbot muß beschleunigt werden“, bemängelte er, vor allem weil H-FCKW als Treibhausgase zur Erwärmung der Erdatmosphäre beitragen. Vertreter der Umweltschutzorganisation Greenpeace sprachen von einem „eleganten Scheitern“ der Konferenz, als „halbherzig und unverantwortlich“ kritisierte die SPD in einer Stellungnahme die Kopenhagener Beschlüsse.
Wie schnell ein Ende der FCKW-Produktion realisierbar ist, hängt nicht zuletzt von den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln ab. Bis zum Jahr 2010 müssen die Industrienationen voraussichtlich mehrere Milliarden Dollar bereitstellen, um den Übergang zu ozonfreundlichen Technologien zu fördern. Aus einem „Interim Multilateralen Fonds“, der im Juni 1990 in London eröffnet worden war, wurden den Entwicklungsländern für die Jahre 1991 bis 1993 insgesamt 240 Mio. Dollar zugesagt. Weitere 350 bis 500 Mio. Dollar sollen 1994 bis 1996 folgen. Harte Kritik übte allerdings der Generalsekretär der UNO-Umweltorganisation UNEP, Mostafa Tolba, an der schlechten Zahlungsmoral: Eine ganze Reihe von Industriestaaten seien ihren Verpflichtungen für 1991 noch immer nicht nachgekommen.
Der Weltverbrauch von FCKW, der 1987 noch über 1 Mio. t lag, hat seit der Verabschiedung des Montrealer Protokolls zum Schutz der Ozonschicht um 40 % abgenommen. In Deutschland, forciert durch die FCKW-Halon-Verbotsverordnung, nach Angaben des Bundesumweltministeriums gar um 60 %. Noch im Laufe des kommenden Jahres will die Industrie in Deutschland „nahezu vollständig“ aus Verbrauch und Produktion von FCKW aussteigen, heißt es in einer Vereinbarung zwischen einheimischen Herstellern, Anwendern und dem Bundesumweltminister.
Mit den Beschlüssen von Kopenhagen ist das FCKW-Problem aber noch lange nicht aus der Welt. „Das Maximum der Ozonschichtzerstörung wird erst um das Jahr 2005 erreicht werden“, prognostiziert Prof. Paul Crutzen vom Mainzer Max-Planck-Institut für Chemie. Mittlerweile schwindet nicht nur über der Antarktis, sondern auch über Europa und Nordamerika der vor gesundheitsschädlichen UV-Strahlen schützende Ozonschild. Für die Winter- und Frühlingsmonate wurde laut Crutzen in den 80er Jahren ein Rückgang von etwa 8% registriert. „Wenn dieser Trend sich fortsetzt, müssen wir mit einer weiteren Abnahme um 10 % bis 15 % rechnen.“
Auch der Atmosphärenchemiker ist mit den Ergebnissen aus Kopenhagen nicht so recht zufrieden. „Ich ärgere mich, daß alles so lange dauert.“ Dafür sind nach Ansicht Crutzens nicht nur die Politiker verantwortlich. „Auch die Industrie hätte schneller reagieren können“, kritisiert er, „und beispielsweise die Forschung in nennenswertem Umfang unterstützen müssen.“
(mein erster Artikel für die VDI-Nachrichten, erschienen am 4. Dezember 1992)
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